Auswirkungen des Zollkriegs auf die Wirtschaftsleistung möglicherweise größer als erwartet. Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen unter Druck. Statt Menschen bringt Trump eher Roboter in Jobs.
Die Frist für neue US-Zölle ist abgelaufen, seit heute, Donnerstag, gilt für Importe aus der EU ein Zollsatz von 15 Prozent. Aus Sicht des Wifo-Chefs Gabriel Felbermayr bergen die US-Handelsmaßnahmen allerdings weiterhin große Unsicherheiten. Die unmittelbaren Auswirkungen der Zölle auf die Wirtschaft hierzulande seien berechenbar, "aber die Unsicherheit ist schwerer zu berechnen", sagte Felbermayr am Donnerstag im Ö1-Radio.
Jobs für Industrie-Roboter
Auch würde Trump nicht die vielen Jobs für den US-Mittelstand schaffen, sondern eher Roboter in Jobs bringen. Wenn Apple etwa große Produktionsanlagen in den USA errichtet, werden diese zum größten Teil vollautomatisiert sein. "Die Fabrik mit vielen Menschen am Produktionsband wie in den 70ern" werde es nicht mehr geben, sagte Felbermayr.
Wirtschaftsleistung sinkt
Nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) dürften die US-Zölle die Wirtschaftsleistung hierzulande kurzfristig um 0,1 bis 0,2 Prozent nach unten drücken. Allerdings schließt der Wifo-Chef nicht aus, dass der negative Effekt aufgrund von Unsicherheiten größer ausfallen könnte. Ein Grund dafür seien etwa die Streitigkeiten in der Interpretation des Deals zwischen der EU und den USA. Auch sei nicht sicher, ob es langfristig bei dem Zollsatz von 15 Prozent bleibe, oder ob die USA die Zölle in Zukunft doch wieder anheben.
Fehlende Planungssicherheit belastet Unternehmen
Die fehlende Planungssicherheit sei eine Belastung für Unternehmen. Investitionen und andere unternehmerische Entscheidungen seien maßgeblich von der Höhe der Zölle abhängig. Daher "können die ökonomischen Schäden in den Industrieregionen (...) noch höher sein als diese 0,2 - 0,3 Prozent des BIP", so der Ökonom.
Viele offene Fragen sieht Felbermayr auch im Vollzug der neuen Zollsätze. Unklar sei etwa, wie die USA damit umgehen, dass sich die Zollsätze zwischen ihren Handelspartnern stark unterscheiden. So werden Waren aus der Schweiz mit einem Zollsatz von 39 Prozent belegt, zwischen der Schweiz und der EU gelte unterdessen aber Zollfreiheit. "Was ist mit Gütern, die von der Schweiz zollfrei nach Europa kommen (...), und dann mit 15 Prozent in die USA - wie wollen die Amerikaner das identifizieren? (...) Da sind noch so viele Fragen offen", sagte der Wirtschaftswissenschafter.
US-Zölle bringen internationale Lieferketten unter Druck
Unklarheiten im Zollvollzug könnten laut Felbermayr auch für Verzögerungen sorgen und so auch internationale Lieferketten belasten. Vor möglichen Problemen in den Lieferketten warnen auch Logistiker. Felbermayr rechnet allerdings nicht mit Belastungen wie zur Zeit der COVID-Pandemie.
Von den Zöllen betroffen seien sowohl die Importeure in den USA als auch die Produzenten in der EU. Ob die Mehrkosten durch Zölle an die Kundschaft in den USA weitergegeben werden, sei je nach Produkt unterschiedlich. "Aus der ersten Amtszeit von Donald Trump wissen wir, dass der Großteil der Zölle tatsächlich von US-Konsumenten gezahlt wurde. Das wird diesmal nicht wirklich anders sein", sagte Felbermayr.
Dennoch beeinträchtigen die Zölle die Wettbewerbsfähigkeit der Waren aus Europa. Gemeinsam mit der aktuellen Stärke des Euros seien Waren aus der EU in den USA aktuell deutlich teurer als in der Vergangenheit. "Die Konsequenzen in Europa werden spürbar sein und ich fürchte, schneller als die USA zurückrudern", so der Wirtschaftsforscher.