Medienkonzern Bertelsmann spart wie nie zuvor

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Europas größter Medienkonzern Bertelsmann steckt im umfangreichsten Sparprogramm seiner Geschichte - doch bisher hielten sich die Konzern-Oberen zum Ausmaß bedeckt. Zur Vorlage der Halbjahreszahlen am 31. August werden von Konzernchef Hartmut Ostrowski nun konkretere Äußerungen erwartet. Bereits am 26. August legt die Fernsehtochter RTL Zahlen vor.

"Mehrere hundert Millionen Euro" sollen eingespart werden, hatte Ostrowski angekündigt. Rein theoretisch wäre damit von bis an eine Milliarde Euro heran alles denkbar. Ostrowski hatte auch den Wegfall von Arbeitsplätzen sowie vereinzelt Kurzarbeit angekündigt, sich aber auch hier zum Umfang nicht geäußert.

Bertelsmann trifft wie andere Medienunternehmen die weltweite Wirtschaftskrise empfindlich. Denn bei den Unternehmen wird das Geld knapper, weshalb sie ihre Werbebudgets kappen - Bertelsmann erlöst ein Drittel seiner Umsätze mit Reklame. Magazine würden dünner, TV-Serien weniger oft von Werbung unterbrochen, sagte Ostrowski. Ihm zufolge sind die Werbemärkte im Schnitt rund zehn Prozent eingebrochen. Insbesondere für die RTL-Gruppe - die umsatz- und ergebnisstärkste Sparte - und den "Stern"-Verlag Gruner+Jahr (G+J) sind das schlechte Botschaften.

Im ersten Quartal schrieb Bertelsmann rote Zahlen. Ob das Unternehmen 2009 einen Gewinn machen wird, ließ der Vorstand bisher offen. Damit würde die Rezession auch den Abbau des Schuldenbergs durchkreuzen, was sich in schlechteren Bonitätsnoten der Ratingagenturen niederschlagen könnte.

RTL-Chef Gerhard Zeiler und sein ProSiebenSat.1-Kollege Thomas Ebeling gehen von Einbruch der TV-Werbemärkte um bis zu 15 Prozent in diesem Jahr aus. Um trotzdem noch Geld zu verdienen, müssen sie kräftig sparen. Bei RTL sollen die Kosten um ein Fünftel gedrückt werden, unter anderem durch mehr Wiederholungen und einem Stellenabbau beim britischen Sender Five. Auch Konkurrent ProSieben drückt auf die Kostenbremse: Bereits 2008 wurden Stellen abgebaut und Sat.1 von Berlin nach München geholt. Vor wenigen Wochen verdoppelte die Sendergruppe ihr Einsparziel für dieses Jahr auf 200 Mio. Euro.

Die Bertelsmann-Verlagstochter G+J schuf nach einem massiven Rückgang der Werbeeinnahmen eine neue Zentralredaktion für Wirtschaftsthemen. Dadurch fielen 60 Stellen weg, Kosten in "siebenstelliger Höhe" sollen eingespart werden. Jedoch sprang der Werbemarkt im Juli laut Marktforschern von Nielsen Media bereits wieder an und legte binnen Jahresfrist um 2,2 Prozent zu - das erste Plus seit zehn Monaten. Die Anzeigenumsätze der Zeitungen stiegen neun Prozent. Die Bertelsmann-Dienstleistungstochter Arvato trifft die Krise vor allem im Druckbereich. Die Service-Center profitieren aber davon, dass Firmen Dienste zunehmend auslagern, um Kosten zu sparen. Arvato beschäftigt in Deutschland über 12.000 Call-Center-Mitarbeiter und will die Zahl in diesem Bereich 2009 über konstant halten. Weil ein größerer Kundenauftrag auslief, sind an einem Standort knapp 50 Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Das in der Direct Group gebündelte Clubgeschäft hat Bertelsmann bereits drastisch zusammengekürzt. Nur die Keimzelle des Konzerns, der deutsche Club, und dessen Schwesterfirmen im deutsch- und französischsprachigen Raum sowie die Buchclubs in Südeuropa blieben von dem einst weltweiten Netz übrig. Die Mitgliederzahlen der Buchclubs sinken.

Auch im Musikgeschäft, das seit Jahren unter sinkenden Verkäufen und Internet-Piraterie leidet, zog Bertelsmann Konsequenzen und trennte sich von seiner Hälfte am Gemeinschaftsunternehmen Sony BMG. Bertelsmann behielt aber die Rechte an den Aufnahmen von mehr als 200 Künstlern, die Basis für das neu gegründete BMG Rights Management wurden. Die Rechteverwertung im Auftrag der Künstler gilt innerhalb des risikoreichen Musikgeschäfts als relativ stabile Einnahmequelle.

Von Nikola Rotscheroth

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