Regierungskritische Polit-Show im Visier Berlusconis

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In Italien ist ein Streit rund um die Show "Annozero" ("Das Jahr Null") von RAI 3 entbrannt, die mit ihren kritischen Beiträgen Silvio Berlusconi ärgert.

Bei der ersten Sendung nach der Sommerpause wurde ein Interview mit der süditalienischen Escort-Lady Patrizia D'Addario gezeigt, die behauptet, eine Nacht mit Berlusconi verbracht zu haben.

Auch das Thema Medienfreiheit und die Interessenskonflikte Berlusconis standen im Mittelpunkt der über zweistündigen Show, die unerwartet hohe Einschaltquoten meldete. 5,5 Mio. Italiener verfolgten die Show, die die meistgesehene Sendung des Abends war.

Die vom Berlusconi-kritischen Starjournalisten Michele Santoro moderierte Show löste in Regierungskreisen helle Empörung aus. Industrieminister Claudio Scajola, ein Vertrauensmann Berlusconis, erklärte, er wolle ein Gipfeltreffen mit der RAI-Spitze einberufen, um zu klären, ob Sendungen wie "Annozero" die Pflicht der RAI als öffentlich-rechtliche TV-Anstalt erfüllen, den Zuschauern eine komplette und unparteiische Information zu garantieren. "Santoro hat kein Recht, Berlusconi zu verleumden. Die RAI hat die Pflicht, für objektive und unparteiische Sendungen zu sorgen", so der Minister.

Die von Berlusconi kontrollierte Tageszeitung "Il Giornale" rief die Zuschauer auf, aus Protest gegen "Annozero" die RAI-Gebühr nicht zu zahlen. Es sei inakzeptabel, dass mit den Gebühren Programme finanziert werden, deren Ziel der Sturz des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten sei.

"Es ist illegitim, dass uns der Staat zwingt, für die RAI Geld zu zahlen, von denen linke Moderatoren profitieren. Sie verleumden all jene, die nicht mit ihnen einverstanden sind", wetterte der Chefredakteur von "Il Giornale", Vittorio Feltri. Rückendeckung erhielt Berlusconi auch von Unterrichtsministerin Maria Stella Gelmini. "Wer Berlusconi beschimpft, beschimpft alle Italiener, die ihn gewählt haben", so die Ministerin.

RAI-Präsident Federico Garimberti verteidigte "Annozero". "Für die Demokratie ist es wichtig, dass es Programme wie "Annozero" gibt. Man kann sie mögen oder nicht, wichtig ist für den Pluralismus im Land, dass es sie gibt", meinte Garimberti. Oppositionschef Dario Franceschini sprach von einer "Einschüchterungsstrategie" Berlusconis, um regierungskritische Programme zum Schweigen zu bringen.

Die Medienfreiheit ist in Italien ein heikles Thema. Am kommenden Samstag ist in Rom eine Demonstration für die Medienfreiheit geplant. Zur Demonstration - die auch vom europäischen Journalistenverband unterstützt wird - wurde aufgerufen, nachdem Berlusconi in den vergangenen Tagen mehrere regierungskritische Tageszeitungen geklagt hatte, die über die Skandale rund um sein Privatleben berichtet hatten.

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