Ex-s-Bausparkassen-Chef:

Wohnen wird zunehmend zum Luxus

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Wohnungspreise und Löhne driften immer mehr auseinander.

Die Leistbarkeit von Wohnraum verschlechtert sich zusehends. "Die Wohnungspreise und die Löhne driften immer mehr auseinander", sagte der frühere s-Bausparkassen-Chef Josef Schmidinger, der derzeit Bereichsleiter für Wohnbau und Immobilien bei der Erste Bank sowie Geschäftsführer der (noch nicht operativ tätigen) Wohnbauinvestitionsbank ist. Die Mieten stiegen wesentlich stärker als die Einkommen.

Dabei brummt derzeit der Wohnbau - es wird viel gebaut und die Zinsen sind niedrig. Angesichts der wachsenden Bevölkerung infolge des Zuzugs und des Älterwerdens der Menschen würden künftig jedes Jahr rund 60.000 neue Wohnungen gebraucht. 2017 habe es über 65.000 Neubaubewilligungen gegeben, stellte Schmidinger zufrieden fest. "Wir haben wirklich eine sehr starke Wohnbautätigkeit - in den Neubaufertigstellungen erreichen wir langsam den Wert, den wir brauchen", merkte er an. Diesbezüglich sei "ein Optimalzustand erreicht".

Teuerung bei Baukosten

Parallel dazu schnellen aber die Baukosten in die Höhe - alleine 2017 habe es hier eine Teuerung von 6,6 Prozent gegeben, bei 2 Prozent Inflation. "Wir haben einen sehr starken Drift der Preise nach oben - auch bei der Errichtung von Wohnungen", so der Marktexperte.

Es sind nicht nur die Baukosten, sondern auch die Grundstückspreise in die Höhe geschnellt. 2008/09 war beispielsweise ein Quadratmeter im Wiener Sonnwendviertel rund um den neuen Hauptbahnhof noch um 330 Euro zu haben, jetzt sind dafür 1.800 Euro zu bezahlen. Öffentliche Grundstücksreserven um rund 400 Euro gibt es derzeit noch am Wiener Nordbahnhof und in Aspern. Die Flächen, die neu auf den Markt kämen - etwa aufgelassene Kasernen -, kosteten aber zwischen 1.200 und 1.600 Euro.

Politik gefordert

Schmidinger sieht auch die Politik gefordert: "Der Frage des Mietrechts wird man sich stellen müssen, da die Menschen an die Grenze kommen, wo sie sich Wohnungen leisten können." Der Stock an Wohnungen, die "gebunden" (im Sinne von gefördert, gemeinnützig, etc.) sind, wachse weniger stark als der Stock am freien Markt. "Diesen Stock der gebundenen Mieten weiterzuentwickeln, ist eine Schlüsselaufgabe."

Gleichzeitig sei fraglich, inwieweit es möglich sei, Eigentum zu bilden. Die Preise in Österreich sind den Angaben zufolge sogar höher als in so manchen deutschen Städten. Für eine neu gebaute Eigentumswohnung sind in Wien mittlerweile im Schnitt 4.800 Euro pro Quadratmeter hinzulegen - in Frankfurt seien es nur rund 3.400 Euro, in Berlin 3.200 Euro. In Deutschland sei lediglich das hochpreisige München mit 5.500 Euro teurer. In London sind freilich etwa 7.000 Euro zu berappen, in Paris 6.000 Euro.

Preise deutlich gestiegen

Die Preise für das Wohnen seien österreichweit "in allen Kategorien deutlich nach oben gegangen". 2017 verteuerten sich neue Wohnungen um 6,9 Prozent, bestehende um 2,4 Prozent. Häuser wurden um 4,8 Prozent teurer. Selbst in einer Gemeinde- oder Genossenschaftswohnung brauche die Miete rund 40 Prozent des Einkommens auf. 25 Prozent der Menschen in Mietwohnungen seien "armutsgefährdet", in den Genossenschaftswohnungen seien es 12 Prozent.

Nachdenklich stimmt Schmidinger auch die Tatsache, dass der Anteil der befristet vermieteten Wohnungen heuer von 20,4 auf 20,9 Prozent weiter angestiegen sei. "Durch die starke Nachfrage müssen die Leute Befristungen akzeptieren", so der Wohnbauexperte.

Der Nachfragedruck dürfte nicht nachlassen: 2016 sei die Bevölkerung in Österreich um 1,3 Prozent gewachsen, bis 2025 soll die Einwohnerzahl Schätzungen zufolge von derzeit 8,74 auf 9,15 Millionen zulegen. "Wir brauchen Wohnungen für die Älteren und junge Familien", betonte Schmidinger.

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