Duell der Unternehmer

Sonntags-Öffnung: Lugner gegen Katzian

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Das große ÖSTERREICH-Streitgespräch zum Einkaufen am Sonntag.

Der Streit ums Einkaufen am Sonntag ist wieder voll entbrannt. Anlassfall war die Drogeriemarktkette dayli (Ex-Schlecker), die unter Berufung auf eine Gastronomie-Konzession Filialen mit Bistro sonntags öffnete. Dagegen lief die Gewerkschaft Sturm, am Freitag wurde diesem Schlupfloch im Gesetz der Riegel vorgeschoben.

Gesetzesnovelle gegen dayli-Öffnung am Sonntag
„Nur weil man im Laden Kaffee ausschenkt, darf man dort sonntags nicht Waschmittel verkaufen“, so Gewerkschaftschef Wolfgang Katzian (GPA-djp), der den Abänderungsantrag zum Gesetz im Parlament einbrachte. Dayli muss also sonntags zu bleiben.

Vom Tisch ist die Diskussion damit keinesfalls. Nicht zuletzt Richard Lugner kämpft weiter dafür, in seinem Einkaufszentrum sonntags aufsperren zu dürfen. ÖSTERREICH bat Lugner und Katzian zum Streitgespräch. In der Causa Sonntagsöffnung sind die beiden schon häufig aneinandergeraten. Und bleiben bei ihren Positionen. „Die Freiheit des Unternehmers steht in der Verfassung“, sagt Lugner. „Also will ich aufsperren.“ „Es gibt einen breiten Konsens dagegen“, kontert Katzian. Und: „Auch wirtschaftlich brächte das nichts – der Kuchen wird nicht größer.“
 

Lugner: "Will aufsperren" / Katzian: "Kein Bedarf"

ÖSTERREICH: Herr Lugner, Sie machen sich stark fürs Einkaufen am Sonntag.
Richard LUGNER: Wir sind mit 72 Wochenstunden Ladenöffnung das Land, das am längsten zu hat, weil die Politiker uns alles verbieten. Ich bin der Meinung: Wer aufsperren will, soll aufsperren. Man sollte das machen, was der Kunde will, und nicht, was die Gewerkschaft und die Kirche wollen. Ich hoffe, mit dem neuen Papst wird das jetzt besser – und ich hoffe, der Katzian wird auch wie der Papst ein bisschen offener.
Wolfgang KATZIAN: Herr Lugner – Sie dürfen doch Demokratie nicht mit Anarchie verwechseln. Was Sie haben wollen – jeder tut, was er will – ist Anarchie. Es wollen sicher auch viele bei Rot über die Ampel fahren, aber das dürfen sie nicht.

ÖSTERREICH: Umgelegt auf die Ladenöffnung heißt das was?
KATZIAN: Es gibt in Österreich einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass ein Tag in der Woche, an dem man eben nicht in die Geschäfte rennt, der Entschleunigung dient. Ausnahmen gibt es eh genug.
LUGNER: Viele junge Leute wollen gern sonntags arbeiten, für 100 % Zuschlag.
KATZIAN: Sie sind kein Händler, sondern Betreiber eines Einkaufszentrums. Wären Sie Händler, würden Sie genauer wissen, wie die Menschen im Verkauf denken. Wir haben Umfragen gemacht, etwa in Ihrem Haus, wo 94 % gesagt haben, sie wollen sonntags nicht arbeiten.
LUGNER: Man kann aber keine Gesetze machen, die erlauben, dass Geschäfte an Bahnhöfen und Tankstellen immer offen haben dürfen, und dann kauft da jeder ein, nicht nur Reisende.
KATZIAN: Da gibt es Entwicklungen, vor allem, was Tankstellen betrifft, die gefallen auch mir nicht. Wenn das ausufert, hat es mit der Versorgung von Reisenden nichts mehr zu tun – und das werden wir uns genau anschauen.

ÖSTERREICH: Herr Lugner, Sie argumentieren immer wieder mit den langen Öffnungszeiten in unseren Nachbarländern.
LUGNER: Ja, ich hab hier eine Aufstellung. Das zieht Kaufkraft aus Österreich ab, wenn die Leute dorthin fahren.
KATZIAN: Schauen Sie sich das nicht nur auf Ihren Papierln an, fahren Sie mal dorthin. Dann sehen Sie, wie viele Österreicher dort noch einkaufen. Die Zeit, in der man in der Slowakei und in Ungarn viel billiger einkaufen konnte, ist vorbei. Nur weil offen ist, fährt niemand dorthin. Das war nur wegen der Preise.
LUGNER: Aber nehmen wir den Online-Handel. Die Leute kaufen sonntags im Internet ein, weil sie nicht ins Geschäft können!
KATZIAN: Aber ich bitte Sie! Als ob nur ein Cent weniger in den Online-Handel fließen würde, wenn wir die Geschäfte sonntags aufsperren! Wer das glaubt, lebt auf dem Mond! Oft ist es auch so, dass Kunden online bestellen und die Sachen im Laden abholen.
LUGNER: Wann sollen sie es abholen?
KATZIAN: Na, unter der Woche! Die Geschäfte sind 72 Stunden offen. Herr Lugner – Sie tun so, als ob die Leute Säcke voll Geld hätten und es nur deshalb nicht ausgeben können, weil sonntags zu ist.
LUGNER: Im Übrigen gibt es Studien, dass die Sonntagsöffnung Zigtausende Arbeitsplätze schaffen würde.
KATZIAN: Das G’schichtl können Sie wem anderen erzählen. Der Umsatz wird doch nicht mehr. Wenn ich 100 Euro zum Ausgeben hab, bleiben das 100 Euro – ob ich sie montags, mittwochs oder sonntags ausgebe.

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