Sozialpartner für Finanzmarktreform

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Eine Rückkehr zum Status quo vor der Krise darf es nicht geben, betonten die Präsidenten der 4 Sozialpartner beim "Bad Ischler Dialog".

Dazu haben sie ein gemeinsames 15 Punkte umfassendes Forderungspapier vorgelegt, das vom Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen ausgearbeitet wurde.

Eine europäische Finanztransaktionssteuer, "angemessene und transparente" Managerbezüge, mehr Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht und die Verbesserung der Eigenmittel der Banken sollten eine Wiederholung der Krise verhindern, hoffen die Präsidenten von Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer und ÖGB.

Es gebe schon wieder "Gegenwind" von der Wall Street und der Londoner City, umso mehr müssten jetzt die Finanzmärkte reformiert werden, forderte WKÖ-Präsident Christoph Leitl "klare Spielregeln" ein. Österreich solle schneller und stärker aus der Krise herauskommen, dazu müssten auch noch 2010 weitere Impulse zur Ankurbelung der Konjunktur gesetzt werden. "Nach einer schweren Lungenentzündung darf man die Antibiotika nicht zu früh absetzen", zog er einen bildlichen Vergleich.

ÖGB-Präsident Erich Foglar will die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, "ohne dass die soziale Gerechtigkeit aus dem Ruder läuft": Die Finanzkrise sei kein "Betriebsunfall", sondern ein "Systemfehler des Marktfundamentalismus": Organisierte Verantwortungslosigkeit von Banken, Ratingagenturen und der Politik durch Deregulierung hätten dazu geführt. Zur Bekämpfung der Krise fordert Foglar weitere Investitionen, Sparen müsse jetzt in den Hintergrund rücken.

Auch AK-Präsident Herbert Tumpel sieht die Finanzkrise als "Systemkrise" und durch ungenügende Regelungen hervorgerufen. "Es darf nicht sein, dass nun mit staatlichen Garantien einfach weitergemacht wird". Die Einlagengarantien und Bankenhilfspakete dürften "kein Freibrief für Banken" sein. Tumpel tritt für eine gerechtere Verteilung der Lasten ein und kritisiert, wenn die Allgemeinheit zur Kasse gebeten werde und die Aktionäre nichts beitragen, sondern die Manager noch ermutigen, so weiterzumachen wie bisher.

Spekulationen vernichten Milliardenwerte

Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski urgiert ebenfalls die Einführung einer europaweiten Transaktionssteuer. Spekulationen mit landwirtschaftlichen Rohstoffen und Lebensmitteln sollte ein Riegel vorgeschoben werden, da dadurch starke Preisschwankungen ausgelöst und Milliardenwerte vernichtet würden.

Den Zeitpunkt für eine Exit-Strategie könne man noch nicht bestimmen, so Foglar. "2010 wird es sicher kein Sparpaket geben, aber irgendwann wird's kommen", meinte er. Foglar ist gegen die Erhöhung einer Massensteuer wie der Umsatz- oder Lohnsteuer. Dadurch würden nur jene noch einmal zur Kasse gebeten, die ohnehin nichts für die Krise könnten. Leitl meinte, zunächst müssten alle vorhandenen Reserven im bürokratischen System herausgeholt werden. Erst wenn dies ausgeschöpft sei, könne man über Belastungen nachdenken. Mit einer Ausnahme: Schon jetzt trete er für eine europäische Finanztransaktionssteuer ein.

Die 15 Sozialpartnervorschläge zur Reform der Finanzmärkte: Eine europäische Aufsichtsarchitektur soll Finanzmarktrisiken eindämmen, die Eigenmittel der Banken sollen verbessert werden und die Prozyklizität von Basel II entschärft werden. Bei der Rechnungslegung soll das Vorsichtsprinzip vor der Ertragswertmethode gehen, bei außerbilanziellen Geschäften und strukturierten Produkten wird mehr Transparenz gefordert. Die Zulassung von Finanzprodukten müsse an Mindestsicherheitsstandards gekoppelt werden, zentrale Clearingstellen sollen den außerbörslichen Handel mit Derivaten überwachen.

Hedge Fonds und Private Equity müssten transparent reguliert werden, Spekulationen auf Rohstoffe und Lebensmittel sollten drastisch eingeschränkt werden. Auch Geschäfte mit Steueroasen und Off-shore-Zentren brauchten Regulierung. Eine europäische Finanztransaktionssteuer sollte rasch eingeführt werden, bei Fusionen von Finanzinstituten sollten strengste Maßstäbe angelegt werden.

Weiters fordern die Sozialpartner die Gründung einer europäischen Ratingagentur, die Bemessung von Managerbezügen nach den Kriterien Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Transparenz, eine Stärkung der Kompetenzen der Finanzmarktaufsicht sowie bessere Information und Beratung der Konsumenten bei Finanzprodukten.

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