Euro-Aus droht

Totales Chaos um Zypern

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Krisensitzung bis in die Nacht: Kommt nun doch eine Zwangsabgabe auf Konten?

Gleich mehrere Rettungspläne für die bank­rotte Urlaubsinsel Zypern wurden in den letzten Tagen angepeilt – und wieder verworfen. So wollte die ratlose Regierung unter anderem die Vermögen der Rentenkassen verstaat­lichen. Das aber lehnte die EU strikt ab: „Wir können das auf keinen Fall akzeptieren“, so Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel.

Schwer unter Zugzwang trat das Parlament in Nikosia dann gestern Abend erneut zur Krisensitzung zusammen. Staatspräsident Nikos Anastasiades twitterte: „Es wird schmerzhafte Maßnahmen geben, aber wir müssen das Land retten.“ Vor dem Parlament kam es zu Demos, wütende Teilnehmer verbrannten Europafahnen.

Jetzt ist doch wieder eine Zwangsabgabe geplant
Spätabends verabschiedete das Parlament schließlich ein Maßnahmenpaket, das den Weg für internationale Finanzhilfen freimachen soll. Die Abgeordneten stimmten der Schaffung eines Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Banken zu und ermächtigten die Regierung, Kapitalverkehrskontrollen zu verhängen. Zudem wurde ein Gesetz zur Restrukturierung des angeschlagenen Bankensektors beschlossen, und damit die Aufspaltung einer der größten Banken (Popular Bank).

Auch wurde wieder eine Zwangsabgabe für Kontoinhaber ins Auge gefasst. Anders als ursprünglich diskutiert, soll diese Abgabe aber nur Kontoinhaber mit Vermögen über 100.000 Euro treffen. Die Rede ist von 22 bis 25 Prozent Belastung für Spareinlagen.

Der Spiegel zitierte den finnischen Premierminister Jyrki Katainen mit folgendem zustimmenden Statement: Es sei „fair und richtig“, dass die Inhaber großer Vermögen besonders belastet werden.

Die Euro-Finanzminister wollen sich am Sonntag in Brüssel zu einer Sondersitzung hinsichtlich der Zypern-Krise treffen. Am Montag läuft die Frist ab, in der Nikosia 5,8 Milliarden Euro auftreiben muss, um die geplanten 10 Milliarden Euro Hilfskredite der EU zu erhalten.

"Pension pfänden - nicht mit uns"

Donnerstagabend in der Telefonkonferenz der Eurofinanzminister platzte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici der Kragen: „Es reicht. Ich erhalte meine Nachrichten aus den Medien.“ Auch die Vertreter der EU-Troika machten ihrem Ärger Luft: „Seit Montag sagt uns die Regierung in Zypern nichts.“

Daran änderte sich erst Gestern etwas. Zyperns Regierung versuchte bei Troika und Euro-Finanzministern Zeit zu schinden. Mit mäßigem Erfolg.

Eines ist klar: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hatte gestern intern unmissverständlich ihr Nein zur Pensionsfondslösung deponiert.

Merkel & Lagarde reißt jetzt die Geduld
Beim Euro-Finanzministergipfel vergangene Woche startete der Machtkampf bereits: Zyperns Finanzminister Michalis Sarris schlug vor, dass sein Land auf die Pensionskassen zugreifen solle. Die Chefin des internationalen Währungsfonds Christine Lagarde und Österreichs Finanzministerin Maria Fekter sagten prompt: „Nein. Nicht mit uns.“ Und boten einen Gegenvorschlag: „Einen Schuldenschnitt von 38 Prozent.“

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble setzte Zypern bereits damals das Messer an: Der Finanzsektor und die Schwarzgelder müssten in Ordnung gebracht werden. Sonst werde die EU nicht helfen und Zypern „pleitegehen“.
Isabelle Daniel

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21:52 Uhr: Im zypriotischen Parlament hat die Abstimmung über ein Sparpaket zur Rettung Zyperns begonnen. Das Parlament billigte mehrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr und die Bildung eines Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Banken.

21:11 Uhr: Die US-Ratingagentur Moody's hat die Bonität von drei zypriotischen Banken auf Caa3 von Caa2 herabgestuft. Betroffen sind die Bank of Cyprus, die Cyprus Popular Bank und die Hellenic Bank, wie die Agentur am Freitag mitteilte. Eine weitere Herabstufung werde geprüft. Als Grund nannte Moody's die Gefahr von Verlusten bei Einlagen sowie die Unsicherheiten bei der Rekapitalisierung des maroden Bankensystems.

20:23 Uhr: Zur Vermeidung des Staatsbankrotts in Zypern ist nach Informationen des zypriotischen Fernsehens nunmehr eine Zwangsabgabe von 15 Prozent auf Guthaben von mehr als 100.000 Euro im Gespräch. Das örtliche Fernsehen berichtete am Freitagabend, dass diese Abgabe zu dem jüngsten Konzept der Regierung in Nikosia gehöre, um den in der kommenden Woche drohenden Bankrott zu vermeiden. Das Parlament hatte am Dienstag einen Plan abgelehnt, der eine Zwangsabgabe auf alle Bankguthaben vorsah.

19:34 Uhr: Das vor der Pleite stehende Zypern erwägt nach den Worten eines Sprechers der Regierungspartei nun doch wieder eine Sonderabgabe auf Bankeinlagen. Mit den internationalen Geldgebern werde darüber beraten, auf Einlagen von mehr als 100.000 Euro eine Abgabe von mehr als zehn Prozent zu erheben, sagte der Sprecher.

19:15 Uhr: Die möglicherweise entscheidende Sitzung des zypriotischen Parlaments zur Rettung des Euro-Lands vor dem Staatsbankrott verzögert sich. Nach Rundfunkberichten sollte die Debatte um 19.00 Uhr beginnen. "Das kann noch lange dauern", sagte ein Abgeordneter am Freitagabend. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen eines regierungsnahen Abgeordneten erfuhr, sollen Geldeinlagen von mehr als 100 000 Euro mit bis zu sieben Prozent belastet werden. Guthaben unter dieser Grenze sollen nicht betroffen sein. Die Vertreter der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds hätten dies mit Staatspräsident Nikos Anastasiades erörtert.

18:45 Uhr: Dass Zypern zuletzt seinen Verbleib in der Eurozone in Frage gestellt hat, kritisiert Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger (V). Er halte dies "nicht für sinnvoll. Sie sind auf Hilfe angewiesen", sagte Spindelegger nach Beratungen der EU-Außenminister in Dublin.

17:33 Uhr: Im Ringen um eine Rettung Zyperns vor dem Staatsbankrott keimt wieder Hoffnung auf. Das Parlament wollte noch am Freitagabend zur entscheidenden Sitzung zusammenkommen. Die Debatte über das Rettungsprogramm soll nach Informationen des staatlichen Rundfunks (RIK) um 19.00 Uhr beginnen. Zuvor wollten sich die Chefs aller Parteien erneut mit Staatspräsident Nikos Anstasiades treffen.

17:02 Uhr: Die Zypern-Krise schlägt nach den Worten des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble noch nicht auf andere Euro-Krisenländer in Südeuropa durch. "Die Krise um Zypern hat bislang keine messbare Auswirkung auf die Zinsen z.B. für Spanien oder Portugal", sagte der Minister der "Bild"-Zeitung laut Vorabbericht vom Freitag. Als Begründung führte er an, dass Finanzmärkte offenbar zu der Erkenntnis gelangt seien, dass die Euro-Zone inzwischen auf mögliche Turbulenzen wesentlich besser vorbereitet sei.

16:43 Uhr: Die griechische Piraeus-Bank übernimmt Kreisen zufolge das Griechenland-Geschäft der Bank of Cyprus und der Cyprus Popular Bank. Dies sagten zwei mit den Verhandlungen vertraute Banker am Freitag. Mit dem Schritt soll das griechische Bankensystem vor einer Ansteckung durch die Finanzkrise Zyperns geschützt werden. Spekulationen über einen Einstieg der Piraeus-Bank ließen den Aktienkurs des griechischen Instituts um mehr als 20 Prozent klettern.

16:16 Uhr: So schnell kann es sich ändern. Jetzt erscheint eine Einigung zwischen Zypern und der Troika (EU, EZB und IWF) in den nächsten Stunden doch wieder möglich. "Es gibt vorsichtigen Optimismus, dass wir in den nächsten Stunden eine Einigung erzielen könnten, die das Parlament billigen könnte", wird Averof Neofytou, der stellvertretende Chef der konservativen Partei Demokratische Gesamtbewegung, zitiert.

15:41 Uhr: Jetzt macht ein neues Gerücht die Runde - EU-Gipfel am Sonntag?
Die Lage spitzt sich zu. Offenbar gelingt heute keine Einigung. Jetzt soll ein Euro-Gipfel am Sonntag die Lösung bringen. Die 17 Staats- und Regierungschefs der Währungsunion könnten dann über das Rettungspaket für Zypern befinden. Ursprünglich wäre eine Eurogruppe der Finanzminister zur Absegnung eines von Zypern auszuarbeitenden Hilfsplans geplant gewesen. Nun könnte auf alleroberster Ebene die Entscheidung fallen, auch im Hinblick auf die Stabilität des Euro und die Zukunft Zyperns, wurde kolportiert

15:08 Uhr: Merkel warnt erneut Nikosia
Der "Plan B" der zyprischen Regierung zur Rettung des Landes vor der Staatspleite geht nicht auf. Die deutsche Bundesregierung lehnte am Freitag eine Verpfändung zyprischer Rentenansprüche ab. "Das können wir auf keinen Fall akzeptieren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

14:39 Uhr: Zugriff auf die Pensionskassen
Führende Politiker Europas haben den Vorschlag Zyperns strikt zurückgewiesen, Pensionskassen zur finanziellen Rettung des Landes heranzuziehen. Sollte das Parlament in Zypern diesen Plan nun dennoch annehmen, so erwartet auch der Chef des Österreichischen Seniorenbunds und VP-Europaparlamentarier Heinz Becker von den Verhandlern der Eurogruppe eine entsprechend klare Antwort, nämlich: "Nein, so nicht".

13:33 Uhr: Die EU-Kommission hat die neue Vorschläge aus Zypern für ein Hilfspaket noch nicht bewertet. "Wir prüfen das noch im Detail", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn soeben in Brüssel.

12:31 Uhr: EU hofft auf Lösung
Die EU-Kommission hofft weiterhin auf eine "lebensfähige alternative Lösung" für ein Zypern-Rettungspaket. Dieses müsste von allen Euroländern akzeptiert werden. Jedenfalls lege die Kommission Wert auf die EU-Regelung zur Kapitalfreiheit.

Die Brüsseler Behörde prüfe derzeit den jüngsten Plan aus Nikosia über die Schaffung eines Solidaritätsfonds. "Im Detail, um zu sehen, in welchem Ausmaß das eine überlebensfähige Alternative darstellt", so ein Sprecher am Freitag. Weitere Informationen ließen sich zur Stunde nicht geben.
 

12:15 Uhr: Merkel warnt Zypern
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Unionsfraktion im Bundestag beharren auf einen kräftigen Eigenbeitrag Zyperns zur Sanierung des Landes. "Kein Mensch geht leichtfertig an diese Frage heran", sagte Merkel seoeben nach einer Sondersitzung der Unionsfraktion. Es könne nicht angehen, dass Zypern bei den Rettungsbemühungen die Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds sowie die Euro-Länder austeste.

Es gehe auch um Glaubwürdigkeit. Merkel habe zudem deutlich gemacht, dass die Europäer ohne Erfüllung des Kriteriums der Schuldentragfähigkeit und ohne eine Bankenrestrukturierung nicht Hilfen vergeben könnten.

12:09 Uhr: Der Chef der zypriotischen Zentralbank, Panikos Demetriades, hat zur Eile bei der Rettung des Landes und seiner Banken vor der Pleite gemahnt. "Wenn wir keinen Plan vorlegen, dann wird die Europäische Zentralbank unseren Banken am Montag den Geldhahn zudrehen und das Land geht Bankrott", sagte er am Freitag zu Reportern in Nikosia.

Demetriades bekräftigte den Plan, die zypriotische Popular Bank (Laiki Bank) durch eine Aufspaltung vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Künftig soll es eine funktionsfähige und eine "Bad Bank" geben. "Die Popular Bank muss gespalten werden", sagte er

11:41 Uhr: Die EZB hatte bereits gestern die Daumenschrauben angezogen: Die Europäische Zentralbank gibt Finanzgarantien nur noch bis Montag.

Totales Chaos um Zypern
© oe24

11:38 Uhr: Der Zentrabankchef Zyperns nährt die Spekulationen: Er sagte, heute würde auch über den Verbleib im Euro entschieden.

11:30 Uhr: Laut zypriotischem Fernsehen will der Regierungssprecher heute Mittag eine Erklärung abgeben.

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