Finanz-Krimi

Zypern vor der Pleite

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Zypern braucht einen neuen Rettungsplan, sonst kracht das Finanzsystem der Insel zusammen.

Die Zypern-Rettung – längst ein knallharter Krimi: Vertreter der Troika aus EU, Weltbank und Europäischer Zentralbank verhandelten am Mittwoch stundenlang mit Zyperns völlig überfordertem Präsidenten Nikos Anastasiades (ergebnislos bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe).

Doch Zypern braucht dringend zehn Milliarden Euro frisches Geld. Sonst folgt der Totalcrash. Die Banken sind seit Tagen dicht und werden bis Dienstag kommender Woche geschlossen bleiben. Das hat die zypriotische Zentralbank gestern Abend entschieden. Große Barabhebungen und ein Ansturm Tausender erboster Sparer sollen unter allen Umständen verhindert werden.

Auch Touristen sind betroffen: Einige Hotels auf der Urlaubsinsel nehmen inzwischen keine Kreditkarten mehr an, Geschäfte schließen: „An Bankomaten kann allerdings weiterhin Geld behoben werden“, beruhigt Jiorgos Parcharidis, Chef von Zypern-Tourismus, gegenüber ÖSTERREICH. Täglich sind bis zu 500 Euro Abhebung möglich. 23.000 Österreicher urlaubten 2012 in Zypern.

Ausgelöst wurde die Finanzpanik durch eine historische Abstimmung in Zyperns Parlament (wir berichteten). Am Dienstagabend lehnten die Abgeordneten auf Druck der Sparer das von der EU geforderte Reformpaket ab. Eine Zwangsabgabe auf Konten der Sparer wird es nicht geben: „Wir lassen uns nichts von außen diktieren!“, skandierten sie.

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Doch was jetzt? Nach der Abstimmungspleite flog Zyperns Finanzminister nach Moskau. Doch der Rubel wird nicht so schnell rollen, Putin lässt die Inselpolitiker zappeln. Sein Finanzminister Anton Siluanow sagte „Njet“ und lehnte einen Sofortkredit in Höhe von fünf Milliarden Euro entschieden ab.

Dabei hätte Russland allen Grund, dem finanzmaroden Inselstaat zu helfen. Bis zu 35 Milliarden Euro haben Russen auf der Insel gebunkert. Selbst der Staatsriese Gazprom hat Teile seines Vermögens nach Zypern gebracht, um Steuern zu schonen.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel forderte nach dem Nein zum Sparpaket von Zypern klare „Alternativvorschläge“. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble bleibt hart: Frisches Geld fließt nur, wenn Zypern „Reformen akzeptiert“.

Der erste Staatsbankrott eines Euro-Zonen-Landes ist zum Greifen nahe: „Ich kann für Zypern nichts mehr ausschließen“, sagte SP-Kanzler Werner Faymann und löste europaweit Schlagzeilen aus. Erstmals sprach ein EU-Regierungschef offen über die Möglichkeit eines Staatsbankrotts in Zypern. Ministerin Fekter legt in ÖSTERREICH nach: „Der Staat steht vor der Pleite. Zypern muss agieren!“

Finanzministerin warnt Fekter: "Staat vor der Pleite"
Österreich:
Zypern steht vor dem Staatsbankrott, oder?
Maria Fekter:
In Zypern haben wir zwei Probleme. Es gilt, eine Staatspleite abzuwehren. Und man muss den hypotrophen (schwachen, Anm.) Finanzsektor gesunden. Die zwei größten Banken Zyperns sind de facto bereits pleite.

Österreich: Zyperns Parlament hat aber den Vorschlag der EU – Geld für Steuern auf Bankeinlagen – abgelehnt. Hat die Eurozone da zu viel verlangt?
Fekter:
Nein, wir hatten zwei Vorschläge gemacht. Zypern muss ein Paket beschließen, um den Staat zu sanieren und die enormen Schulden in den Griff zu bekommen. Nur wieder neues Geld verlangen, um wieder neue Schulden zu machen, wird es mit uns nicht geben. Die Eurofinanzminister hatten auch einen Schuldenschnitt in Höhe von 38 Prozent vorgeschlagen. Deutschland, wir und der Internationale Währungsfonds waren für diese Variante. Aber Zypern und Frankreich waren für die Steuern auf Bankeinlagen. Das hatte ihnen niemand aufs Aug’ gedrückt. Dann das selbst verhandelte Paket abzulehnen, ist sonderbar. Wir erwarten jetzt einen neuen Vorschlag.

Österreich: Russland könnte mit einem Kredit einspringen. Wie würde die EU darauf reagieren?
Fekter:
Die Eurozone ist dafür, dass Russland seine Kredite verlängert. Aber Neue zu geben, damit Zypern wieder nur Schulden macht, würde dazu führen, dass die EZB (Europäische Zentralbank, Anm.) ihre Kredite sofort einstellt. Zypern hat eine Einlagensicherung von 75 Milliarden Euro bei einem BIP von 18 Milliarden Euro. Nur 31 Milliarden Euro sind Geld von Zypern. Wir wollen helfen, aber ich muss unseren Steuerzahlern erklären, wieso wir für russisches oder britisches Geld haften.

Österreich: Das heißt, wenn Zypern nicht spart, sagt die Eurozone Adieu zu Zypern?'
Fekter:
Wenn sie nicht einen Schuldenabbau in Höhe von 5,8 Milliarden Euro beschließen – wie sie das machen, ist ihre Entscheidung –, steigt der Währungsfonds aus dem Rettungspaket aus. Und dann wird es auch kein Geld von uns geben. Ich könnte das dann auch dem Steuerzahler nicht mehr erklären. Dann bleiben die Banken geschlossen, dann können die Menschen kein Geld mehr abheben, und die Einlagensicherung in Zypern in Höhe von 75 Milliarden Euro würde schlagend werden. Das kann die Insel nicht alleine stemmen. Dann wäre der Staat pleite. Und die Szenarien für Zypern wären viel schlimmer als das, was jetzt gefordert wird.

Österreich: Können Sie eine Pleite Zyperns und einen Eurozonen-Austritt ausschließen?
Fekter:
Ich kann eine Pleite Zyperns nicht ausschließen. Ein Euro-Austritt würde nichts bringen. Zypern muss jetzt agieren.

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