Lissabon-Vertrag erfordert Änderungen in Verfassung

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Der Lissabon-Vertrag, der nach der Unterschrift von Tschechiens Präsident Vaclav Klaus bald in Kraft treten kann, erfordert einige Änderungen in der österreichischen Verfassung. Konkret geht es um drei Mittel, welche die Mitwirkung der nationalen Parlamente im EU-Gesetzgebungsprozess stärken, für die es aber derzeit noch keine Instrumente in der Verfassung gibt.

Dies erklärte eine Mitarbeiterin des Rechts- und Legislativdienstes des Parlaments. Die beiden ersten neuen Instrumente betreffen das Prinzip der Subsidiarität, das besagt, dass politische Entscheidungen der EU möglichst auf der untersten politischen Ebene - also beispielsweise auf der nationalen - fallen sollen.

So können die Parlamente künftig eine "Subsidiaritätsrüge" einbringen, wenn sie der Meinung sind, dass ein zu beschließendes EU-Gesetz diesem Prinzip widerspricht. Die Rüge könne bewirken, dass das Gesetz nicht in Kraft tritt, so die Expertin des Rechts- und Legislativdienstes. Außerdem können die Parlamente in Zukunft eine "Subsidiaritätsklage" beim Europäischen Gerichtshof einreichen, etwa wenn das Gesetz trotzdem in Kraft tritt.

"Passerelle-Klausel (Brücken-Klausel)"

Ein weiteres neues Recht erwerben die Parlamente im Zuge der "Passerelle-Klausel (Brücken-Klausel)". Einige Materien in der EU erfordern nach wie vor einen einstimmigen Beschluss - dieses Einstimmigkeitsprinzip kann aber durch den Europäischen Rat (einstimmig) aufgehoben werden. Die nationalen Parlamente können aber dagegen Einspruch erheben, und Gesetze können nur dann nach dem Mehrheitsprinzip beschlossen werden, wenn kein Einspruch erhoben wird.

"Für keinen dieser Vorgänge gibt es Instrumente in der Verfassung", betonte die Expertin. Eine Frist für die Anpassungen gebe es für die Regierung nicht. Entsprechende Änderungen - sie würden eine Zweidrittelmehrheit und damit die Stimmen mindestens einer Oppositionspartei verlangen - lägen beim Willen des Parlaments.

"Im Moment keinen dringenden Bedarf für Verfassungsänderungen" sieht hingegen Werner Zögernitz, Präsident des ÖVP-nahen Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen. Größere Änderungen seien nicht notwendig, es brauche lediglich "einige formelle Anpassungen", aber vieles lasse sich auch durch Ausschussfeststellungen oder Entschließungen lösen. Langfristig sei es aber sinnvoll, Verfassungsänderungen zu überlegen, so Zögernitz.

Uneinigkeit über Verfassungsänderung

Die Regierung ist sich noch nicht darüber einig, ob sie im Zuge des Lissabon-Vertrags notwendige Änderungen in der österreichischen Verfassung durchführen will. Durch den Vertrag erhält das Parlament mehr Rechte, für die es aber derzeit keine Instrumente in der Verfassung gibt. Man könne auch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auskommen, hieß es aus der SPÖ. Trotzdem drängen die Sozialdemokraten auf eine rasche Verfassungsänderung. Die ÖVP hat es hingegen weniger eilig.

Auch wenn man mit vorhandenen Bestimmungen arbeiten könne, wären Novellen in der Verfassung und in der Geschäftsordnung "optimaler und sinnvoll", meinte der Sprecher des SPÖ-Parlamentsklubs. So könnte man beispielsweise auch regeln, dass der Hauptausschuss in gewissen Fragen vertretend für den Nationalrat handeln darf, um diesen zu entlasten. Zwar bestehe kein Zeitdruck für Verfassungsänderungen, trotzdem wolle man diese "möglichst rasch" umsetzen, so der Sprecher. "Die Verhandlungen mit der ÖVP laufen."

ÖVP sieht "keinen akuten Handlungsbedarf"

Der Koalitionspartner zeigt sich aber wenig begeistert von den Plänen der SPÖ. Nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages bestehe "kein akuter Handlungsbedarf für Anpassungen und Klarstellungen im österreichischen Bundesverfassungsgesetz", erklärte ÖVP-Verfassungssprecher Wilhelm Molterer in einer Aussendung.

Die SPÖ muss aber nicht nur die Volkspartei von ihrem Vorhaben überzeugen: Einigen sich die Regierungsfraktionen auf Verfassungsänderungen, muss man sich auch noch mindestens eine Oppositionspartei ins Boot holen, denn diese sind nur mit Zweidrittelmehrheit möglich.

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