Nächster Krisenherd: Schnell wachsende US-Schulden

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Der sich immer höher auftürmende Schuldenberg der USA könnte nach Einschätzung von Ökonomen leicht Auslöser der nächsten Weltwirtschaftskrise werden, falls die Regierung in Washington nicht entschieden gegensteuert. Auf mehr als 11,5 Bill. Dollar (8.275 Mrd. Euro) ist die US-Staatsverschuldung in der aktuellen Rezession schon geklettert. Ausgeschrieben sind das 11.500.000.000.000 Dollar. Von Tom Raum

Die Verschuldung liegt inzwischen bei mehr als 80 Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung in den USA, ausgedrückt durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Jeder einzelne US-Bürger hat rechnerisch allein durch den Staat etwa 37.000 Dollar Schulden.

Die Zinsen für den gigantischen Schuldenberg, 452 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr, stellen in den USA inzwischen den vierthöchsten Ausgabenposten des Staates dar, nach Gesundheit, Sozialleistungen und Verteidigung. Die Schuldenlast erschwert Präsident Barack Obama den Kampf gegen die aktuelle Rezession: Zu höheren Ausgaben für Förderprogramme und Bankenrettung kommen auch noch sinkende Steuereinnahmen wegen des Wirtschaftseinbruchs.

Höhere Steuern oder weniger Staatsleistungen unausweichlich

Experten sehen höhere Steuern oder die Kappung staatlicher Leistungen - oder beides zugleich - als praktisch unausweichlich. "Wenn wir nicht unsere Entschiedenheit demonstrieren, auf längere Sicht die Staatsfinanzen nachhaltig zu gestalten, bekommen wir weder finanzielle Stabilität noch gesundes Wirtschaftswachstum", sagte Notenbankchef Ben Bernanke unlängst vor dem Parlament.

Die USA sind zum ersten Mal 1790 in die roten Zahlen gerutscht - mit 75 Mio. Dollar aus dem Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten. Noch einmal, von 1834 bis 1835, war der Staat schuldenfrei. Seither hat sich das Defizit immer weiter aufgebaut - schneller in Kriegszeiten, langsamer im Frieden, aber dennoch fast stetig aufwärts.

Einmal noch, von 1998 bis 2000, gab es Haushaltsüberschüsse, doch das erwies sich als Effekt einer überhitzten Konjunktur. Kriege in Irak und Afghanistan, Wirtschaftsförderprogramme unter den Präsidenten George W. Bush und jetzt Obama - die 1989 installierte Schuldenuhr am Times Square in New York musste 2008 gegen ein neues Modell ausgetauscht werden. Die Staatsverschuldung überstieg 10 Bill. Dollar; die alte Schuldenuhr konnte so viele Stellen nicht anzeigen.

Zwar liegt die Staatsverschuldung der USA derzeit noch deutlich unter den 120 Prozent des BIP in Zeiten des Zweiten Weltkriegs - drückend ist die Last dennoch. Das Geld, das der Staat ausgibt, kommt hauptsächlich aus dem Verkauf von Schatzbriefen, Treasury Bonds.

China, Japan und Ölstaaten größte Gläubiger

Große Mengen dieser wegen ihrer vergleichsweise fast vollkommenden Sicherheit beliebten Wertpapiere sind im Besitz Chinas, Japans und der Ölstaaten am Persischen Golf. Sie sind die größten Gläubiger der Vereinigten Staaten.

Doch die Billionenausgaben der US-Regierung zur Belebung der rezessionsgeplagten Wirtschaft drücken bereits den Wert des Dollars und machen T-Bonds weniger attraktiv für Anleger. Würden große Gläubiger abspringen und ihre US-Staatsverschreibungen verkaufen, würde das neuerlich Schockwellen durch die globale Wirtschaft schicken und die Zinsen in den USA scharf ansteigen lassen. In den USA löst die hohe Verschuldung Umfragen zufolge inzwischen steigende Besorgnis aus, auch wenn Obamas Popularitätswerte hoch bleiben.

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