Tusk bittet EU um Hilfe für Ukraine

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Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat die EU um Hilfe für die Ukraine bei der Bekämpfung der Schweinegrippe-Epidemie gebeten. In Briefen an Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und die schwedische EU-Präsidentschaft schlug Tusk vor, "dringend" die Bedürfnisse des Landes zu ermitteln und medizinische Unterstützung zu leisten.

Die Situation in der Ukraine sei eine "Herausforderung von grenzüberschreitender Dimension", schrieb Tusk nach Angaben des Pressebüros der polnischen Regierung. Polen hatte bereits seinem östlichen Nachbarn angeboten, Labors für Durchführung der Viren-Tests zur Verfügung zu stellen.

Mysteriöse Schweinegrippe-Epidemie

Geschlossene Schulen und Kindergärten, ein Verbot von Massenveranstaltungen sowie Quarantäne in neun Regionen des Landes - in der Ukraine macht sich wegen der Schweinegrippe Panik breit. Dabei war es bis Mitte voriger Woche in der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik ganz ruhig in Sachen Grippe. Nun aber überschlagen sich die Akteure plötzlich mit dramatischen Zahlen. Die Grippe habe inzwischen fast 70 Menschenleben gefordert, 255.000 Menschen seien infiziert, teilte das Gesundheitsministerium in Kiew mit. Dramatisch ist die Lage im Westen des Landes um die Region Lwiw (Lemberg). Dabei war unklar, ob es tatsächlich nur um die Schweinegrippe geht.

Bei vielen der Todesfälle laufen die Untersuchungen auf das H1N1-Virus noch. Doch der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko warnte wegen der Schweinegrippe nun sogar vor einer Gefahr für die nationale Sicherheit. Er rief deshalb nicht nur die benachbarten Länder um Hilfe an, sondern auch die EU und die NATO. Der Staatschef erklärte aber nicht, was das Militärbündnis gegen die Epidemie tun könne. Wohl auch wegen der inzwischen weit verbreiteten Panik wollte sich eine Delegation der Weltgesundheitsorganisation WHO am 2. November selbst ein Bild von der Lage im Land machen.

Regierungschefin Julia Timoschenko ließ Bildungseinrichtungen und Kindergärten für drei Wochen schließen. Sie verbot auch Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen. Die Lage verschärfte sich am Wochenende, als in den Apotheken keine Schutzmasken oder Medikamente mehr zu haben waren. Zudem starben vier Ärzte, während viele Kliniken ohnehin schon überlastet waren. Ukrainische Medien berichteten, dass in den unter Quarantäne stehenden Regionen um Lwiw, Ternopol und Iwano-Frankowsk Armee-Hubschrauber Chlor und andere Chemikalien versprüht hätten, um das Virus zu töten. Einige Zug- und Flugverbindungen seien gestrichen worden.

16 Tonnen Tamiflu zum Sonderpreis

Das völlig verarmte Land dankte am 2. November dem Schweizer Pharmakonzern Roche, der 16 Tonnen des Grippemittels Tamiflu zu einem Sonderpreis zur Verfügung gestellt habe. Einige Apotheken sollen wegen der Knappheit zuletzt mehrere hundert Euro je Tamiflu-Packung verlangt haben. Die Regierung will diesen Preis-Wucher auf Kosten verängstigter Menschen hart bestrafen. Viele Menschen deckten sich mit Wodka, Zitronen und Knoblauch ein, um das Virus zu bekämpfen. Die Ukraine halte auch keinen Impfstoff vorrätig, hieß es. Timoschenko empfahl, jeder solle sich notfalls selbst eine Schutzmaske basteln.

Als einer der wenigen Politiker warnte Gesundheitsminister Wassili Knjasewitsch seine Kollegen davor, weiter Panik zu verbreiten. "Bei uns gibt es Probleme wie in jedem Land der Erde auch", sagte der Minister. Einige Parlamentarier warfen dem Präsidenten und der Regierungschefin vor, die Schweinegrippe als Wahlkampfthema zu missbrauchen. Die beiden Rivalen treten am 17. Januar 2010 bei der Präsidentenwahl zusammen mit weiteren Kandidaten an. Timoschenko machte deutlich, dass auf keinen Fall der Ausnahmezustand im Land verhängt werden solle. Dies würde die Wahl sonst gefährden.

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