Kampf ums Überleben

Intim wie nie zuvor: Boris Becker packt über Zeit im Gefängnis aus

Boris Becker spricht so offen wie selten zuvor über die dunkelste Zeit seines Lebens. 

In einem Interview mit dem SZ-Magazin und in seinem neuen Buch „Inside“ (erscheint am 10. September) schildert der Ex-Tennisstar, wie er seine 231 Tage im britischen Gefängnis erlebt hat – und warum die Zeit hinter Gittern für ihn ein „Kampf ums Überleben“ war.

2022 war Becker wegen Insolvenzdelikten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Ausgerechnet am Geburtstag seiner Frau Lilian wurde er abgeführt, kam zunächst in ein Hochsicherheitsgefängnis, später in eine offene Anstalt. Nach knapp acht Monaten wurde er nach Deutschland abgeschoben, heute lebt er in Mailand – und erwartet bald sein fünftes Kind.

Zeit als schlimmster Feind

Der Beginn seiner Haft sei besonders zermürbend gewesen. 23 Stunden am Tag habe er allein in seiner Zelle verbracht, nur eine Stunde durfte er ins Freie. „Dein schlimmster Feind im Gefängnis ist die Zeit, die einfach stehen bleibt“, sagt Becker. „Wenn du aus der Zelle kommst, beginnt der Kampf ums Überleben. Wenn du in deine Zelle zurückgehst, verschluckt dich die Einsamkeit.“

Halt fand er vor allem in den Telefonaten mit seiner Frau Lilian. „Das war mein Lebenselixier und die einzige Möglichkeit, ich selbst zu sein.“ Doch die Gespräche waren auf 15 Minuten begrenzt und wurden abgehört. Zweimal im Monat durfte Lilian ihn zwei Stunden lang besuchen.

In seinem Buch schreibt Becker auch über seine Familie, allerdings nicht über alle seine Kinder. Von Noah (31) und Elias (26) berichtet er, über Tochter Anna und seinen jüngsten Sohn Amadeus aber schweigt er bewusst. „Bei Amadeus habe ich eine juristische Vereinbarung unterschrieben, die mir verbietet, öffentlich über ihn zu sprechen. Meine Tochter Anna schütze ich, indem ich nichts über sie schreibe.“

Kein Kinder-Besuch

Beide hätten ihn im Gefängnis nicht besucht – auf seinen eigenen Wunsch. „Die Vorstellung, dass meine Tochter ins Gefängnis zu gefährlichen Verbrechern kommen muss, um mich zu sehen, war ein Horror, für sie wie für mich.“ Mit Anna habe er dafür oft telefoniert. Telefonate mit Amadeus hingegen habe dessen Mutter untersagt.

Becker, der in Deutschland und weltweit als Tennis-Ikone gefeiert wurde, zeigt in „Inside“ die andere Seite seiner Karriere: die Verletzlichkeit, das Ringen mit Schuld und Scham – und den Versuch, nach dem Absturz wieder Fuß zu fassen.

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