Stephan Rick konzentriert sich in Suter-Verfilmung auf die Kernhandlung.
Es ist eine Geschichte über Kapitalismus, Liebe, Kontrollverlust und die Rückkehr zur Natur, die Martin Suter vor 15 Jahren in seinem Roman "Die dunkle Seite des Mondes" erzählt hat. Nun hat TV-Regisseur Stephan Rick sich den Stoff für sein Kinodebüt ausgesucht. Trotz prominenter Besetzung mit Moritz Bleibtreu und Jürgen Prochnow ist ihm kein großer Wurf gelungen. Ab Freitag im Kino.
Midlife Crisis
Der prominente Wirtschaftsanwalt Urs Blank (Bleibtreu) kennt keine Schmerzgrenze, wenn es darum geht, seine Vertragspartner auf Schiene zu bringen. Privat schmückt er sich mit seiner Freundin Evelyn, die als Galeristin die High Society umgarnt. Als sich ein über den Tisch gezogener Geschäftspartner jedoch vor Blanks Augen eine Kugel in den Mund jagt und er nach einem Waldspaziergang zufällig auf das Hippie-Mädchen Lucille (zauberhaft: Nora von Waldstätten) trifft, beginnt er sein Tun zu hinterfragen. Auf einem gemeinsamen Drogentrip gerät die Situation außer Kontrolle und Blank schlittert in ein von Wahn und Gewalt geprägtes Doppelleben.
© Alamdodefilm/Felix Cramer
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Suter-Roman
Ungefähr auf diesen Plot hat der 1974 geborene Regisseur Rick, der zuletzt etwa eine Folge von "Polizeiruf 110" inszeniert hat, das vielschichtige Universum, das Suter in seinem Roman aufgespannt hat, eingedampft. Die multiperspektivischen Erzählstränge hat er laut eigenem Bekunden absichtlich eingespart, um sich voll und ganz auf die Figur des Urs Blank zu konzentrieren, den Moritz Bleibtreu als kühlen Checker im Anzug anlegt. Dabei gelingt es ihm jedoch nicht, die tiefgreifende Wandlung des Protagonisten greifbar zu machen.
Mankos
Die Aneignung der Natur als neuen Lebensraum, das autarke Überleben im tiefen Wald und die damit einhergehenden philosophischen Überlegungen, die von dem missglückten Pilz-Trip ausgelöst werden, bleiben in dieser Verfilmung ebenso ausgespart wie die liebevolle Unterstützung durch den befreundeten Psychiater Wenger (Luc Feit), der stets versucht, seinen Freund Urs zurück ins (richtige) Leben zu holen.
Strake Bilder
Stattdessen setzen Rick und seine Drehbuch-Autorin Catharina Junk auf einzelne, wenn auch starke Bilder: Urs Blank wankt halluzinierend durch den Wald, Urs Blank dreht Lucilles Katze den Hals um, Urs Blank entzündet unter einem Felsvorsprung ein Feuer und droht seiner nunmehrigen Ex Evelyn (farblos: Doris Schretzmayer) mit einem brennenden Holzscheit. Jürgen Prochnow darf dann als Urs Blanks Opponent Pius Ott für das dramatische Finale sorgen.
Für all jene, die Martin Suters Buch nicht gelesen haben, ist es wahrscheinlich dennoch ein Film, der zum Nachdenken über den schnelllebigen Alltag im Kapitalismus anregt und als Abschreckungsbeispiel für Drogenkonsum dient. Wer sich auch für das langsame Erwachen einer Beziehung (zu Lucille), das Abflauen einer Liebe (zu Evelyn), detailliert beschriebene Überlebensstrategien im Wald, ausgiebige Beschreibungen von halluzinogenen Experimenten und tiefe Freundschaft interessiert, ist besser beraten, sich das Buch zu schnappen und das Kopfkino einzuschalten.
INFO
Die dunkle Seite des Mondes
D/LUX 2015, 97 Minuten
Regie: Stephan Rick
Mit: Moritz Bleibtreu, Jürgen Prochnow, Nora von Waldstätten, Sabine Rossbach, Ian T. Dickinson, Doris Schretzmayer
Foto: (c) Alamdodefilm