Theaterwelt trauert

Enfant terrible Jerome Savary gestorben

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Unkonventioneller Regisseur gründete den Grand Magic Circus.

Unterhaltung und Niveau waren für Jerome Savary nie ein Widerspruch. Bei ihm durfte Theater kindisch und bunt, witzig oder frivol sein, nur eines nicht: langweilig. "Es gibt nichts Schlimmeres, als von einer eigenen Arbeit gelangweilt zu werden", sagte der französisch-argentinische Regisseur einmal in einem APA-Interview. Stücke, die mehr als zweieinhalb Stunden lang dauern, "sollten von Amnesty International gekürzt werden. Das ist manchmal wirklich Folter." Nicht nur diese publikumsfreundliche Haltung machte ihn zu einem der großen Theaterleute des 20. Jahrhunderts. Mit 70 Jahren ist Savary am 4. März an den Folgen einer Krebserkrankung in Paris gestorben.

Enfant terrible mit Schlagzeilen-Garantie
Jerome Savary war kompromisslos und unkonventionell. Mit seinen Aufführungen sorgte er regelmäßig für Schlagzeilen. Er wollte das Theater demokratisieren und entstauben - auch auf die Gefahr hin, in Ungnade zu fallen. Savary galt als Enfant terrible der Theaterwelt. Wie er selbst sagte, hatte er an den Schaltstellen der Macht mehr Feinde als Freunde. Die Gunst des Publikums war dem in Buenos Aires geborenen Regisseur jedoch sicher. Denn seine über 300 Theater-, Opern-, Operetten- und Musical-Aufführungen wie "Der blaue Engel" oder "Mutter Courage" waren Feuerwerke: bunt, spritzig, ironisch und temporeich. In Österreich wurde etwa seine Inszenierungen bei den Bregenzer Festspielen - 1985 "Die Zauberflöte", 1987 "Hoffmanns Erzählungen", 1991 "Carmen" - große Publikumserfolge.

Multitalent bereits mit 19 Jahren
Als 19-Jähriger bestritt Savary in New York seinen Lebensunterhalt mit Jazzmusik, in Paris kämpfte er sich als Comiczeichner, Autor von Fotoromanen und Chauffeur durch. 1965 gründete er das Grand Theatre Panique, aus dem drei Jahre später der Grand Magic Circus mit einer zum Großteil aus Laiendarstellern bestehenden Truppe hervorging, mit der sich Savary als "Magier" schnell einen Namen machte. 1982 bis 1986 leitete Savary das Centre Dramatique National du Languedoc-Roussillon. Nach einem Intermezzo als Direktor in Lyon war er von 1988 bis 2000 Direktor des Pariser Chaillot-Theaters und übernahm im Jahr 2000 die Pariser Opera Comique. Das Haus steckte tief in den roten Zahlen. Er wurde zum Leiter einer Oper ohne Orchester, ohne Ballett und ohne künstlerisches Budget. Er brachte das Haus wieder auf Vordermann, dennoch wurde seine Amtszeit 2007 nicht verlängert.

Ganz Großer in der Theater-Szene

Im südfranzösischen Beziers fing er noch einmal von vorne an und ließ sich im Theatre des Franciscains nieder. Um seine Produktionen und Aufführungen zu finanzieren, gründete er eine Vereinigung, in der jeder gegen einen Beitrag Mitglied werden konnte. Dass er, der in seiner langjährigen Karriere u. a. an der Mailänder Scala, an den Opernhäusern von San Francisco, Washington, Schanghai, Tokio, Rom und Madrid, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, aber auch am Burgtheater inszeniert hatte, sich nicht an großen Namen und Häusern orientierte, bewies er auch in Niederösterreich. Warum er 2010-12 eine Trilogie an Stücken von Ferdinand Raimund ("Der Alpenkönig und der Menschenfeind", "Der Verschwender", "Der Bauer als Millionär") ausgerechnet in Baden und St. Pölten herausbrachte, begründete er erfrischend offen: "Ich fand Isabella Suppanz (Intendantin des Landestheaters NÖ) sehr sympathisch. Sie wollte mich wirklich haben, und das hat mich überzeugt. Wenn es passt, arbeite ich auch gerne an kleinen Theatern. Manchmal ist die Sympathie ausschlaggebender als der Bekanntheitsgrad."

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