"Der goldene Deix": Ein neuer, aber gewohnt deftig-wahrer Prachtband des Karikaturisten stillt unsere Neugier
Neuer Prachtband zum 60er
Nach dem "dicken Deix" nun der "goldene
Deix" - und wieder ist es ein Prachtband geworden, an dem man sich nicht
sattsehen kann. Obwohl das neue Sammelwerk mit Arbeiten von 2000 bis 2008
sich eigentlich zeitlich mit dem Vorgänger (1998 bis 2004) überschneidet,
gibt es keine offensichtlichen Doubletten. Der Fundus, aus dem der
satirische Zeichner schöpft, ist groß genug, um Wiederholungen zu vermeiden.
Deix'sche Themen, nie komplett erfunden...
So sind Raucher und
Päderasten, Priester und Polizisten ebenso seit vielen Jahren Dauerbrenner
in Deixens Oeuvre wie die vielseitigen sexuellen Gelüste der
Österreicherinnen und Österreicher. Sonst sorgsam unter der engen Bluse oder
der weiten Hose, dem Trachtenjanker, dem Strickpullover oder der Uniform
verborgen, kommen sie erst dann zum Vorschein, wenn der Zeichner ihnen die
Freiheit gibt. Deix hat sich nicht zähmen lassen, manches ist ungustiös,
vieles äußerst deftig, aber nie denkt man sich: komplett erfunden. Längst
ist es umgekehrt, und man begegnet im Straßenbild ständig Menschen, bei
denen man sich sicher sein möchte, dass sie bereits Deix Porträt gestanden
sind.
Chronist der Österreicher
Deix erweist sich neuerlich als
Chronist des österreichischen Alltags, Porträtist der heimischen
Befindlichkeit. Kaum ein Thema, das Österreich in den vergangenen Jahren
bewegte - von Ausländerfeindlichkeit bis zur Vogelgrippe, von
Fußballer-Niederlagen bis zum Opernball, vom Papstbesuch bis zum Mozartjahr,
von der Gesundheitsreform bis zu Neonazi-Umtrieben und vom BAWAG-Skandal bis
zur Obama-Wahl -, das hier nicht beim Durchblättern in Erinnerung gerufen
wird. Nicht selten begleitet von schallendem Gelächter.
Politier, Beamten und Alltagspersonen
Alle sind sie wieder da,
der verhärmte Beamte und der hantige Bauarbeiter, die resche Wirtin und die
dürre Lehrerin, der grantige Pensionist und das dicke Kind. Aber natürlich
sind es nicht nur die typischen Österreicher in ihren vielgestaltigen
Ausprägungen, denen Manfred Deix Unsterblichkeit verliehen hat - auch die
heimischen Politiker begleitet er durch ihre Karriere. Wolfgang Schüssel
muss für Deix ein gefundenes Fressen gewesen sein, Alfred Gusenbauer (häufig
mit Rotweinglas und geschürzter Oberlippe) detto. Es finden sich wunderbare,
treffende Stimmungsbilder zum Abgang des ungeliebten Kanzlers, und erst hier
realisiert man, wie kurz so manche politische Karriere der vergangenen Jahre
war. Molterer war schon wieder weg, ehe er noch richtig im Skizzenbuch
heimisch geworden war. Von seinem Lieblingsfeind Haider hat sich der
Zeichner würdig verabschiedet. HC Strache gelingt ihm immer wieder gut,
Faymann und Pröll sind noch ausbaufähig. Mit Verwunderung registriert man
dagegen: Karl-Heinz Grasser ist ihm nie gelungen.
Andere Seite
Aber Deix kann auch anders - auch davon gibt es
Beispiele (und dabei sind gar nicht seine Gedichte gemeint, die diesmal
weitgehend ausgespart sind): Ein wunderbares Frauenporträt-Blatt in
schönstem Rubens-Rötel von Wolfgangine Schüssel, Ursula Haubner und Alfreda
Gusenbauer, Zeichnungen im Stil von Hans Traxler, Gottfried Helnwein oder
Wilhelm Busch ergänzen den Band. Und kaum ist man den "goldenen" Deix durch,
wartet man bereits auf den "diamantenen".
Foto: (c) Herbert Pfarrhofer/APA