Löbl-Kritik

Premiere von "Ariodante" läutet Opernherbst ein

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Händels "Ariodante" als erste Herbstpremiere im Theater an der Wien.

Graue Wände. Grauer Boden. Grauer Hintergrund. Regenpelerinen aus grauem Plastik über den Kostümen. Allzu viel Grau. Das Auge stumpft ab. Die Handlung (Behauptete Untreue führt zu schrecklichen Verwirrungen vor Happy End) wird in dieser Inszenierung (Lukas Hemleb) mehr erzählt als gezeigt. Verführung, Selbstmordversuch, Wahnsinn, Zweikampf finden irgendwo hinter den kreisenden Wänden statt. Die Chöre kommen aus dem Orchestergraben, das Ballett ist auf sechs Tänzer reduziert. Daher sind vier Stunden Aufführungsdauer entschieden zu viel, weil wenig zu sehen ist.

Starke Bühnenwirkung
Wie man von den Zeitgenossen Georg Friedrich Händels jedoch weiß, liebte er prächtige Szenarien mit phantastischen Landschaften, malerischen Effekten und barockem Theaterzauber. Händels vierzig Opern verblüfften mit starker Bühnenwirkung nebst prächtiger Musik. Anderes hätte sein Londoner Publikum weder sehen noch hören wollen. Dass heute der sogenannte "Originalklang" als akustische Norm gilt, ohne auf der Bühne eine Revitalisierung des originalen Spektakels zu versuchen, ist ein ärgerliches Mißverhältnis.

Die jetzt im Theater an der Wien gezeigte Koproduktion mit Dominique Meyers Pariser Theatre des Champs-Elysées ist hoffentlich nicht richtungweisend für künftige Barockabende an der Staatsoper. Sie ist nicht nur szenisch, sondern auch musikalisch (Orchester "Les Talens Lyriques" unter Christophe Rousset) recht anämisch trotz sehr guter Leistungen aller Sänger. Doch nicht die hochgelobten Spezialisten (Caitlin Hulcup als Ariodante, Danielle de Niese, Vivica Genaux) machen den stärksten Eindruck, sondern drei ihrer Partner. Die lyrische Sopranistin Maria Grazia Schiavo, der Tenor Topi Lehtipuu und der Baß Luca Pisaroni lassen Menschenlaut hören und Gefühle spüren. Das ist wichtiger als die Bravour barocker Koloraturen.

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