Die Hälfte der Festspiele ist gelaufen: Das Theater enttäuschte, die Opern entzweiten. Das Publikum kommt trotz ärgerlicher Absagen.
Unter zwei Gesichtspunkten werden die heurigen Festspiele landläufig betrachtet: Wie wird der Auftakt der neuen Ära Jürgen Flimm? Und: Kann es denn diesmal überhaupt gelingen, nach dem aufwendigen Mozartjahr-Programm des vergangenen Jahres nicht mickrig auszusehen?
Kaltstart
Gleich zu Beginn wurde eine gute Idee schwach
umgesetzt: Thomas Bernhards Fest für Boris wurde spät, aber doch nach
Salzburg geholt, aber leider zu einem "Fadheits-Debakel" (FAZ) verwässert.
Buhlschaft
Enttäuscht zeigten sich Kritiker auch von der neuen
Buhlschaft Marie Bäumer, die in der Farbe ihres Kleides agierte: blasses
Beige. Christian Stückls Renovierungsarbeiten am Jedermann kamen dagegen gut
an.
Aufreger
Nach der Boris'schen Lähmung konnte man sich, wenn man
saftiges Theater liebt, an Luk Percevals zotig-obszönem Molière-Marathon mit
Schauspiel-Berserker Thomas Thieme wieder einigermaßen aufrichten.
Kritiker
Geschmacksunsicherheiten können heuer bei den
Opernkritikern diagnostiziert werden. So hörte bei Eugen Onegin der Mann von
der Welt „unsaubere Philharmoniker“, während sein Nachbar von der BZ einem
"großen Abend" beiwohnte. Und beim Freischütz orteten die Profis
"Dilettantismus" (FAZ), und einen "Riesenerfolg" (Welt).
Absagen-Orgie
Als nach den Stornos von Shicoff und Kasarova
letzte Woche auch noch Netrebko und Villazón absagten, reagierten Salzburgs
Festivaliers verschnupft: Von „Unverlässlichkeit“ war da die Rede. Der
Festspiel-Eklat 2007.Glücklicherweise gab es heuer gleich mehrere "neue
Netrebkos" oder besser potenzielle Stars von morgen auszukundschaften: so
etwa die "Armida" Annette Dasch oder Maija Kovalevska (Benvenuto Cellini).
Bilanz
Das Publikum in Salzburg scheint nicht unzufrieden: 92%
der Tickets wurden schon verkauft, die Hoteliers und Gastronomen sind
glücklich wie im Mozartjahr. Jetzt stehen noch Nozze die Figaro und Barbara
Sukowa im Quartett und Michael Maertens im Sommernachtstraum aus. Dann wird
Bilanz gezogen