Thomas Klein

Die Beichte des Mr. Almdudler

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Im neuen Buch beschreibt Thomas Klein, wie er sein „Achterbahn-Leben“ meistert.

Der schrille Almdudler-Erbe Thomas Klein (48) hat einen Lebenstraum: „Irgendwann möchte ich keine Tabletten gegen meine Depressionen schlucken müssen“, erzählt er sehnsuchtsvoll.

Seit über zwei Jahrzehnten quälen ihn Depressionen, er hat unzählige Therapiestunden absolviert und viele Antidepressiva ausprobiert. „Derzeit schlucke ich drei Tabletten pro Tag. In den Jahren der ganz schlimmen Depression waren es pro Tag 20 Tabletten.“

Bewegter Mann
Auf den ersten Blick müsste Klein ein sorgenfreies Leben genießen: Erbe eines profitablen Getränkeunternehmens, Vater von drei Kindern (zwei leibliche Töchter, Sohn Max, dessen Vater Alexander Goebel ist, hat er adoptiert) – doch in Klein wohnen zwei Seelen. Mit 23 Jahren entdeckt er, dass er homosexuell ist. Das Outing wagt er erst Jahre später. Da ist Klein schon mit Rosa verheiratet und dreifacher Vater.

Die Depressionen hat er von seinem Vater geerbt, der sich 1983 mit einem Schuss ins Herz das Leben nimmt. „Den 17. September werde ich immer als schwärzesten Tag in meinem Leben in Erinnerung halten“, sagt Klein.
Im Vorjahr erzählte Thomas Klein im Bestseller Zwischen Schein und Sein erstmals von seinem bewegten Leben. Das Echo auf die Autobiografie war überwältigend – Klein bekam Hunderte Mails und wird noch immer zu Lesungen eingeladen. Seine Lebensgeschichte gibt krisengebeutelten Menschen Kraft. Gib nicht auf! (erschienen im prima-vista-Verlag um 18,90 Euro) heißt deswegen sein Nachfolgewerk. Es ist ein Plädoyer für mehr Lebensmut.

Ratgeber
Wie schon im ersten Buch schreibt der Almdudler-Erbe in teils beklemmend offenen Worten über Exzesse, Suizidgedanken, Glaube und Sexualität.

Und Klein zeigt anhand seiner großen Lebensthemen (Angst, Depression, Tod, Abhängigkeit, Burnout) eindrucksvoll, wie man Krisen überwindet. Er bezeichnet sich als „Glückskind“ – trotz der vielen Tiefs.

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ÖSTERREICH: Herr Klein, Ihr neues Buch heißt „Gib nicht auf! - Wie man aus den Tiefen seines Lebens wieder zu neuen Höhen finden kann“. Haben Sie den Weg aus der Depression geschafft?
Thomas Klein: Nein, diesen Weg habe ich noch nicht gefunden. Erst im September hat mich meine alte Bekannte wieder überfallen und ich hatte einen schweren Einbruch. Ich gelte als austherapiert, aber fühle mich nicht als geheilt. Nach wie vor schlucke ich drei Tabletten pro Tag, obwohl es in den ganz schweren Phasen auch schon 20 Tabletten waren.
ÖSTERREICH: Wie kündigt sich eine Depression bei Ihnen an?
Klein: Die Wahrnehmung beschränkt sich dann auf ein schwarzes Rohr. Alles fühlt sich eingeengt an und ich sehe alles negativ. Bei einer schweren Depression fallen einem selbst die alltäglichen Dinge wie Zähneputzen schwer. Man empfindet es wie die Besteigung des Himalajas.
ÖSTERREICH: Wann haben bei Ihnen die Depressionen begonnen?
Klein: Schon als Jugendlicher neigte ich zur Melancholie, habe stundenlange Spaziergänge im Regen gemacht, wo ich über das Lebens sinnierte und einfach nur traurig war. Der nächste Schub war der Freitod meines Vaters. Das ist der schwärzeste Tag meines Lebens. Mir blieb keine Zeit zur Trauerarbeit, über Gefühle wurde in der Familie nicht viel gesprochen und ich musste die Firma übernehmen. Da wusste ich nicht, ob ich das wirklich will oder ob ich nur das Leben lebe, das andere für mich wollen. Ich spürte mich irgendwann nicht mehr. Dann kam die unterdrückte Homosexualität dazu. Anfang der 90er-Jahre war dann der komplette Ausbruch der Depressionen da.
ÖSTERREICH: Es fällt auf, dass Sie beim Tod Ihres Vaters immer das Wort Freitod und nie den Begriff Selbstmord verwenden...
Klein: Mir ist Selbstmord ein viel zu aggressiver Begriff. Es ist kein „Mord“, sondern ein Akt der Verzweiflung, in dem man eine Grenze überschritten hat, wo man einfach nicht mehr kann. Ich habe das neue Buch geschrieben, um Menschen zu zeigen: An welchem Tiefpunkt in deinem Leben du auch immer angelangt sein magst, gib nicht auf! Es geht weiter, du musst nur wollen. Generell glaube ich aber, es ist das Recht eines jeden Menschen, selbst über sein Leben zu bestimmen.
ÖSTERREICH: Sie wussten, dass Sie schwul sind und haben trotzdem Ihre Frau Rosa geheiratet. Wie haben Sie die Ehekrise nach dem Outing geschafft?
Klein: Ich war 23, als ich zum ersten Mal spürte, dass ich mich auch für Männer interessiere. Schon vor unserer Ehe habe ich mit einem Mann zusammengelebt. Als ich Rosa kennenlernte, war ich sofort fasziniert von ihr und dachte, dass die Homosexualität nur eine Phase des Ausprobierens war. Aber ich habe mich selbst belogen. Als ich Rosa meine Homosexualität und gleichzeitig die Depression beichtete, dachte sie eine Woche über unsere Zukunft nach. Ich ging durchs Fegefeuer, hatte Angst, alles zu verlieren. Schließlich hat sich Rosa entschieden, den Weg gemeinsam mit mir zu gehen.
ÖSTERREICH: Scheidung ist kein Thema bei Ihnen?
Klein: Nein, warum auch. Wir haben hart dafür gekämpft und nie die Flinte ins Korn geworfen. Rosa und ich werden gemeinsam alt werden. Ich sehe uns auf einer Veranda sitzen und über unser Leben debattieren. Sie ist die Liebe meines Lebens.
ÖSTERREICH: Wie funktioniert das Familienmodell?
Klein: Das Patchworkmodell von mir und meiner Frau funktioniert nur, weil ich gelernt habe, loszulassen. Ich dachte nach meinem Outing, dass ich einen Freund haben kann, aber meine Frau darf das nicht, war eifersüchtig. Dieses Macho-Denken funktioniert natürlich nicht. Erst als ich das vor vier Jahren kapierte, haben sich für mich neue Türen geöffnet. Die Kinder sind seither viel lockerer drauf. Meine Frau lebt in Salzburg, hat einen Freund, der selbst drei Kinder hat. Wir sind eine glückliche Patchworkfamilie.
ÖSTERREICH: Wie hat Ihre Mutter auf das Outing reagiert?
Klein: Meine Mutter ist stolz, dass ich meine Depression, meine psychische Krankheit so offen geoutet habe. Ich habe ja nicht nur über meine Sexualität geschrieben, sondern vor allem über meine Depression, um damit anderen zu helfen.
ÖSTERREICH: Interessant ist auch, dass Sie sich im Buch als gläubig im Buch bezeichnen. An welchen Gott glauben Sie?
Klein: Ich habe mir von allen Religionen das Beste herausgesucht. Ich glaube etwa an Reinkarnation. Der Glaube an das Göttliche im Menschen hat mich nie aufgeben lassen. Egal, wie schlecht es mir bei den Depressionen oder meinem Entzug von Morphium ging – ich habe immer wieder von Gott eine Überlebensbotschaft erhalten.
ÖSTERREICH: Beten Sie auch?
Klein: Nicht im klassischen Sinne mit Hände falten. Ich spreche laut mit Gott und bedanke mich für schöne Tage, aber diskutiere mit ihm auch über schlechte Tage.
ÖSTERREICH: Im Buch schreiben Sie, dass Sie regelmäßig ins Puff gehen. Was fasziniert einen Homosexuellen am Puff?
Klein: Es geht mir um Spaß, um Unterhaltung, aber absolut nicht um Sex. Ich gehe gerne zu Events, schrillen Partys und eben auch in den „Queen-Club“, den ich durch ein Clubbing kennengelernt habe. Ich mag das plüschige Ambiente des Etablissements und plaudere gerne mit den Mädels. Das ist es auch schon.
ÖSTERREICH: Haben Sie derzeit einen Freund?
Klein: Ich bin Single, denn bis zum Sommer war ich noch zu keiner Beziehung bereit.
ÖSTERREICH: Können Sie trotz dieser Krisen Glück empfinden?
Klein: Ich bezeichne mich als Glückskind. Denn ich habe Familie, eine tolle Ehefrau und konnte mich outen. Was will man mehr...

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