Die Diagnose Brustkrebs erschütterte nicht nur Miriam Pielhau. Wie ihr Ehemann Thom Hanreich den Albtraum erlebte, erzählt er erstmals in MADONNA.
Traumpaar, fällt einem spontan ein, wenn man sie zusammen sieht. Gänsehaut bekommt man, wenn man sie zusammen erlebt. Miriam Pielhau (34) und Thom Hanreich (37) haben schon viel gemeinsam erlebt, gelacht und gelitten. Entdeckte man bei der TV-Moderatorin (u.a. RTL Big Brother) doch im Februar 2008 Brustkrebs. In ihrem Krebs-Tagebuch Fremdkörper beschreibt Pielhau nicht nur ihren Kampf gegen die Krankheit. Sie erzählt auch über jenen Menschen, der ihr, neben eisernem Willen und der nötigen Portion Glück, zum Sieg über den Krebs verhalf.
Doppeltalk
Dass Sänger Thom Hanreich „sein Mädchen“, wie er
Miriam nennt, auch nach Wien zur Pink Ribbon Night im Semper Depot
begleitete, war „von vorne herein klar“. Weniger selbstverständlich war,
dass Pielhaus Ehemann – das Paar heiratete 2003 – öffentlich über das
Erlebte spricht. Für MADONNA machte der Musiker eine Ausnahme. Im Doppeltalk
sprechen Miriam und Thom über die schlimmsten Momente ihres Lebens und die
Kraft ihrer grenzenlosen Liebe. Ein Gespräch, dass demütig macht.
Frau Pielhau, Sie sind für die Pink Ribbon Night in Wien extra aus
Berlin angereist – wie haben Sie das Fest erlebt?
Miriam
Pielhau: Ich fand das einen ganz wunderbaren Abend! Weil ich auch bei
den Gesprächen mit den anderen Gästen gemerkt habe, dass man als Person, die
in der Öffentlichkeit steht, die Möglichkeit hat, etwas zu erreichen, indem
man über die eigenen Erfahrungen spricht. Meine Botschaftertätigkeiten geben
so auch meiner Erkrankung im Nachhinein einen Sinn.
Herr Hanreich, haben Sie sich mehr als Begleiter gesehen, oder war auch
Ihnen der Abend ein besonderes Anliegen?
Thom Hanreich: Für mich gab
es zwei Gründe: Zum einen, dass Miris Krankheit ja noch gar nicht so weit
weg ist, wie es sich vielleicht anfühlt, wenn man mit ihr spricht – und ich
deshalb da sein will, wenn es vielleicht doch schwierig, oder zu intensiv
wird für sie. Der zweite Grund ist, dass ich, nachdem Miriams Buch
erschienen ist, viele Reaktionen von Männern bekommen habe, deren Frauen
auch an Brustkrebs erkrankt sind. Ich sehe es als meine Aufgabe, anderen
Rede und Antwort zu stehen. Und ihnen zu sagen: Es ist schaffbar. Man kommt
da durch! Leider hört man immer wieder, dass Beziehungen in solchen
Situationen zerbrechen. Auch, weil viele Männer Angst haben und nicht
wissen, wie sie, gerade mit dem Krebs an so einer intimen Stelle, umgehen
sollen.
Pielhau: Ich denke auch, dass die Angst vieler Männer in
so einer Situation oft größer ist, als die Probleme, die dann tatsächlich
auftauchen.
Hanreich: Das kommt natürlich auch auf den Fall an.
Bei uns gab es eben die Möglichkeit einer vollständigen Heilung. Die gibt es
oft nicht. Ich wage nicht zu sagen, wie es sich anfühlt, wenn man weiß, dass
es nicht weitergeht. Ich weiß nicht, wie stark und großartig ich dann
reagiert hätte...
Pielhau: Ich traue mich zu behaupten, dass
du niemals weggelaufen wärest.
Hanreich: Nein, das wäre ich
definitiv nicht!
In welcher Phase war es für Sie am schwierigsten?
Hanreich:
Am Anfang war es schon sehr schlimm für mich. Es kam extrem überraschend und
wurde sehr intensiv, vor allem nachdem die Presse es veröffentlichte, obwohl
wir noch nicht einmal selbst wussten, wie das ausgeht. Da denkt man schon:
‚Was macht Ihr? Stopp!‘ Das war die härteste Zeit. Genau da ist es wichtig,
dass man füreinander da ist. Dass, wenn der eine schwach wird, der andere
übernimmt.
Pielhau: Wir hatten Schichtdienst im
Kraftspenden. Wichtig ist eine Positivspirale zu schaffen. Wenn einer sagt:
‚Komm, wir packen das!‘ , landet man am Ende auf einem viel höheren
Launenniveau, was im Kampf gegen diese Krankheit extrem wichtig ist. Auch
wenn man sich manchmal etwas vormachen muss.
Hanreich: Wir sind
zum Glück sehr humorvolle Menschen. Das hilft auch.
Pielhau:
Wie damals, als Thom meinte, wir kleben Flitter auf meine Glatze und
verkaufen mich als Discokugel... hanreich: Das war ein Morgen, an dem Miri
mit Schwierigkeiten aufgewacht ist. Sie war extrem traurig. Als ich das
merkte, dachte ich: ‚So fangen wir gar nicht an...‘ und habe mir, wie an
vielen Morgen, eine Geschichte ausgedacht.
Wer, außer Miriam, hat Sie aufgefangen, wenn Sie dachten, Sie können
nicht mehr?
Hanreich: Ich habe zum Glück sehr, sehr gute Freunde,
die mir signalisiert haben, dass ich mich bei der ganzen Geschichte nicht
vergessen darf. Natürlich ist die Aufmerksamkeit zunächst bei der
betroffenen Person. Aber für die „Mitkranken“ – und so kann man die Partner
bezeichnen – ist jede Diagnose, jede Untersuchung, genauso schlimm. Da nicht
vergessen zu werden, tut gut. Und letztendlich war diese Krankheit ein sehr
blödes Geschenk. Weil man sich auf einer Ebene nah kommt, die man nie
kennengelernt hätte.
"Wir haben uns auf einer ganz besonderen Ebene kennengelernt.", so Thom Hanreich über den gemeinsamen Weg durch Miriams Martyrium.
Trotz allem muss man als Partner auch seinen Job weitermachen, um Geld
zu verdienen. Wie schwer war das für Sie?
Hanreich: Das war
tatsächlich schwierig. Ich war mitten in der Produktion eines Albums – eine
Arbeit für die man Emotion und Kreativität braucht. Dafür habe ich erst seit
zwei Monaten wieder Platz. Davor war mein Akku leer. Ich hatte keine Ohren,
kein Herz, kein Hirn für die Musik. Die Jobs, die ich machte, habe ich
mechanisch gemacht.
Pielhau: Ich habe alles abgesagt. Nur einen
Tag in der Woche habe ich die Live-Sendung bestehen lassen. Aus dem
einfachen Grund: dass ich mich einmal in der Woche nicht um das Thema Krebs
kümmere. Den Rest der Woche stand es ohnehin an allen Wänden in blutroten
Buchstaben.
Sie haben 2000 auch den Tsunami zusammen überlebt...
Hanreich:
Ja, damals haben wir gedacht, das ist genug für das ganze Leben. Das Leben
wusste es besser...
Wie groß ist Ihr gemeinsamer Kinderwunsch?
Pielhau:
Natürlich möchten wir Kinder! Aber man muss sich nach so einer Krankheit
eine gewisse Zeit seelisch und körperlich erholen. Danach steht dem sicher
nichts im Wege. Oder, was meinst du?
Hanreich: Dem habe ich
nichts hinzufügen. (grinst)