Wenn wir am 8. März den Weltfrauentag begehen, klafft die Lohnschere auseinander wie eh und je und weiterhin ist jede 5. Österreicherin Opfer von Gewalt. MADONNA hat sich umgehört, was Frauen fordern.
Hierzulande verdienen Frauen nach wie vor zwischen 15 und 20 Prozent (je nach Statistik) weniger als ihre männlichen Kollegen. Ein großer Teil der Frauen geht in Karenz, während sich nur etwa 4 Prozent der österreichischen Männer dafür entscheiden. Hasskommentare im Netz treffen vorwiegend Frauen – Gewalt durch den Partner sowieso. Und dann ist da noch diese Sache mit der Luxussteuer auf Tampons. Die Liste der strukturellen Ungerechtigkeiten, denen sich Frauen gegenübersehen, ließe sich lange fortsetzen. MADONNA hat aber anlässlich des morgigen Weltfrauentages einen Rundruf bei Frauenorganisationen und -interessensvertretungen sowie Frauensprecherinnen im Parlament gestartet und die vier wichtigsten Forderungen herausgefiltert.
1 Frauen wollen die Hälfte des Geldes
Vermögen ist ungleich verteilt, Erben ist ungleich verteilt, bei den Pensionen klafft sowieso eine riesengroße Lücke und die Einkommensschere verändert sich bei uns seit Jahren kaum. Der Equal Pay Day fiel in Österreich heuer auf den 25. Februar. Heißt: Bis zu diesem Tag arbeiteten die Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen gratis. Können sie sich vorstellen, dass ein Mann 56 Tage im Jahr ohne Lohn schuftet? Wohl eher nicht. „Bis 2050 zu warten, damit sich die Lohnschere schließt, ist keine Option. Wir müssen jetzt handeln, damit Frauen endlich den gerechten Lohn erhalten, den sie verdienen“, meint SPÖ-Chefin (und Ex-Frauenministerin) Pamela Rendi-Wagner. Sie schlägt Nachschärfungen bei den Einkommensberichten vor und als nächsten Schritt die Einführung des „Island-Modells“ auch in Österreich. Unternehmen wird dabei verboten, Frauen und Männer mit vergleichbaren Jobs ungleich zu bezahlen. Die Firmen müssen selbst aktiv werden und nachweisen, dass dies bei ihnen nicht der Fall ist. Sonst müssen sie Strafen zahlen. Denn die „Heimlichtuerei“ bei Löhnen und Gehältern in Österreich habe bisher vor allem zwei Dinge gebracht, so Rendi: „Sie bestärkt die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern und schwächt die Position von Arbeitnehmerinnen bei Gehaltsverhandlungen.“
Das Problem setzt sich freilich im Alter fort und spitzt sich zu. Frauen erhalten im Durchschnitt um 43 Prozent weniger Pension als Männer. Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter fordert deshalb ein Pensionssplitting: „Wir müssen Frauen endlich effektiv vor Altersarmut schützen. Deswegen sollen die Pensionsbeiträge von Elternteilen nach der Geburt automatisch 50:50 aufgeteilt werden. Das würde die Abhängigkeit von Partner oder Staat in der Pension reduzieren und ein selbstständiges Leben auch im Alter garantieren.“
2 Frauen wollen die Hälfte der Macht
Frauen machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus und tragen zu Hause mehr als die Hälfte der Verantwortung – doch haben sie auch die Hälfte der Macht? Bei Weitem nicht, verrät ein Blick auf die Zahlen: Im Nationalrat sitzen zwar so viele weibliche Abgeordnete wie nie zuvor, doch mit 39,3 Prozent stellen Frauen noch immer nicht die Hälfte des Parlaments in Österreich. „Wir wollen endlich die Hälfte der Macht. Und da reicht es nicht, Frauenquoten für Aufsichtsräte von staatsnahen Betrieben einzuführen. Frauen müssen die Hälfte des Parlaments stellen und das muss sich auf allen politischen Ebenen durchziehen“, fordert Lena Jäger, Leiterin des Frauenvolksbegehrens.
3 Frauen wollen (nur) die Hälfte der Arbeit
Im Durchschnitt leisten Frauen neben ihrer Erwerbstätigkeit jeden Tag 81 Minuten mehr als Männer unbezahlte Sorgetätigkeit wie Pflege oder Kinderbetreuung, sind aber dennoch meist finanziell benachteiligt. Und: Nur etwa 4 Prozent der Väter in Österreich gehen in Karenz. Dabei sei es SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek zufolge so, dass Frauen oftmals Arbeitszeit aufstocken wollen, während Männer gerne reduzieren würden. Den Roten schwebt ein Modell vor, dass sie „Halbe-halbe neu“ nennen: Es soll einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung für maximal 24 Monate für Kinderbetreuung oder Pflege geben. Und: Wenn in einem Unternehmen ein entsprechender Vollzeitarbeitsplatz ausgeschrieben wird, sollen Teilzeit arbeitende Frauen einen Anspruch auf diese Stelle haben.
Freilich braucht es auch einen massiven Ausbau von – leistbaren oder kostenfreien – Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie Erweiterung der Öffnungszeiten. Zahlreiche Frauenvertreterinnen fordern einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr und das Vorantreiben von Ganztagsschulen. „Das und mehr Möglichkeiten für Väter, sich stärker in Sachen Kinderbetreuung zu engagieren, hilft Frauen, schneller wieder in den Beruf einzusteigen, wenn sie das möchten“, so Neos-Frauensprecherin Brandstötter.
4 Frauen fordern recht auf gewaltfreies leben
Im jungen Jahr 2020 sind in Österreich bereits sechs Frauen durch die Hand ihrer Männer ums Leben gekommen. In der Regel kündigen sich Femizide lange vorher an. Denn die Täter sind meist schon früher gewalttätig und bedrohen ihre Partnerinnen, wenn die auch nur ansatzweise ankündigen, sie verlassen zu wollen. Männliche Gewalt ist keineswegs im Rückgang – die österreichischen Frauenhäuser führen eine Statistik, die aufrütteln sollte: Jede fünfte Frau ab 15 ist demnach körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt.
Was gegen Gewalt an Frauen hilft? Zum einen die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zu stärken (siehe Punkte 1 bis 3) – aber auch verstärkt gegen eine Objektifizierung von Frauen vorzugehen, fordert Frauenvolksbegehren-Chefin Jäger: „Solange wir in Werbungen als Sache dargestellt werden, sind Männer übergriffig.“ Hier brauche es bessere Regelungen. Und: „Gewalt gegen Frauen, das ist ein Notstand, den wir in Österreich seit Jahrzehnten haben. Man muss hier mehr Mittel bereitstellen und eine bundesweite Kampagne starten.“ Frauen in gewalttätigen Beziehungen müssen wissen, wo sie Hilfe bekommen. Maria Rösslhumer, Chefin der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, sieht hier – u. a. für den Ausbau von Einrichtungen – einen Bedarf von 210 Mio. Euro. Außerdem brauche es Sensibilisierungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Polizisten, Ärzte und sonstige Berufsgruppen, die in irgendeiner Weise mit häuslicher Gewalt zu tun haben könnten.
Hass im Netz. Beim Kampf gegen Gewalt an Frauen will die türkis-grüne Regierung anlässlich des Weltfrauentages auch ansetzen. Diese Woche wurde mehr Geld für Gewalt- und Opferschutz versprochen. Zudem hat Justizministerin Alma Zadic – zuletzt selbst Opfer von rassistischen und sexistischen Kommentaren sowie Morddrohungen – dem Hass im Netz den Kampf angesagt. Noch heuer soll es ein Gesetzespaket geben. Denn: Von Hasskampagnen im Netz sind meist Frauen betroffen.