Auch als Achenseebahn-Geschäftsführer entlassen

Abgeschriebene Doktorarbeit: Zillertalbahn-Vorstand muss gehen

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Der derzeit für zwei Wochen beurlaubte Technik-Vorstand der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG, Helmut Schreiner, muss nach Bekanntwerden einer offenbar abgeschriebenen, an der Universität Riga in Lettland eingereichten, Doktorarbeit endgültig gehen.

Dies teilte Aufsichtsratschef und ÖVP-Abg. Franz Hörl am Dienstag nach einer Sitzung mit. Die Arbeit war offenbar ein Komplett-Übersetzungsplagiat einer im Jahr 2020 an der Technischen Hochschule in Aachen genehmigten Dissertation.

Auch als Geschäftsführer der im Mehrheitseigentum des Landes stehenden Achenseebahn muss Schreiner seinen Hut nehmen. "Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe und dem damit massiv geschädigten Vertrauensverhältnis habe ich in meiner Funktion als Mehrheitseigentümervertreter der Achenseebahn GmbH bereits einen Rechtsanwalt damit beauftragt, das Dienstverhältnis mit dem Geschäftsführer fristlos und unverzüglich aufzulösen", ließ Verkehrslandesrat Rene Zumtobel die APA wissen.

Hörl: "Zutiefst überrascht und konsterniert"

Vergangene Woche war Schreiner bereits wegen des unrechtmäßigen Führens eines Doktortitels, angeblich "erworben" an der Universität Innsbruck, unter Beschuss geraten. Der Doktortitel war offenbar auch zu Unrecht in seinem Reisepass vermerkt. Er sei "zutiefst überrascht und konsterniert", so Hörl gegenüber der Online-Ausgabe der "Tiroler Tageszeitung". Um weiteren Schaden abzuwenden, werde nun ein Schlussstrich gezogen. Trotzdem wolle er klarstellen, dass Schreiner "einwandfrei gearbeitet" habe: "Daher und auch aus Respekt vor seinem Umfeld lehne ich überschießende Muskelspiele ab. Niemand muss jetzt ein Exempel statuieren." Bei der regulären Aufsichtsratsitzung am Montag werde "neu durchgestartet, um so schnell wie möglich einen adäquaten Nachfolger zu finden". Am eingeschlagenen Weg des Projekts Wasserstoffbahn ändere die Causa nichts, betonte der Tiroler ÖVP-Politiker nach einer Sitzung des Aufsichtsgremiums.

Schreiner hat offenbar laut "TT" einfach kopiert und die ursprüngliche Dissertation über Mobilität im deutschen Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen ins Englische übersetzt oder übersetzen lassen. Vom Inhaltsverzeichnis über den Forschungsgegenstand und die Analysen bis zu den vermeintlichen Interviewpartnern. Die deutschen Gemeinden und Städte wurden dabei mit den Orten im Zillertal ausgetauscht. In der Arbeit, die der APA vorliegt, geht es um die "Implementierung von Smart Mobility in ländlichen Regionen". Auch die Zillertalbahn als künftige "Wasserstoffbahn", als dessen Verfechter Schreiner gilt, ist Thema "seiner" Doktorarbeit.

"Plagiatsjäger" Weber kam Schreiner auf die Schliche

Auf die Schliche kam Schreiner der als "Plagiatsjäger" bekannte Salzburger Kommunikationswissenschafter Stefan Weber. Dieser hatte "über Umwege", wie er sagte, ein Exemplar erhalten, nachdem Schreiner selbst die neue Dissertation aus Riga an eine Teilöffentlichkeit disseminiert habe, um seinen Anspruch auf den Doktortitel nach den ursprünglichen Vorwürfen nachzuweisen. Dabei stieß Weber auf Ungereimtheiten im empirischen Teil bei Schreiners Interviewpartnern.

"Ich habe das nahezu komplette Übersetzungsplagiat über Umwege mit der Plagiatssoftware Turnitin entdeckt", so der Wissenschafter. Das Plagiat erstrecke sich vom Inhalts- bis zum Literaturverzeichnis, urteilte Weber. Es handle sich um einen "schwerwiegenden Fall von Wissenschaftsbetrug, der alle Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens - Plagiat, Datenfälschung und Datenerfindung - auf einmalige Weise in sich vereint." Rund 22.000 Euro kostete laut Weber das Doktorat in Riga, das von der "University of Salzburg Business School" angeboten wird.

Vergangene Woche hatte Schreiner einräumen müssen, dass er über den Anfangsprozess für eine Dissertation zum Thema Wasserstoff an der Universität Innsbruck nicht hinausgekommen war. Gleichzeitig verwies er darauf, dass er zwischenzeitlich ein Studium an der Universität Riga abgeschlossen habe. Es fehle nur noch die Verleihung der Doktorwürde.

Personelle Konsequenzen gefordert 

Die Landes-Opposition hatte jedenfalls personelle Konsequenzen gefordert und nahm die Causa einmal mehr zum Anlass, das Projekt Zillertalbahn als "Wasserstoffbahn", für das kürzlich von der ÖVP/SPÖ-Landesregierung der Grundsatzbeschluss gefallen war, infrage zu stellen. Schreiner sei "nicht mehr länger tragbar", erklärte FPÖ-Chef Markus Abwerzger und fügte hinzu: "Wir fordern die vorläufige Einstellung sämtlicher Förderungen seitens des Landes und eine Untersuchung der Mittelverwendungen in den vergangenen Jahren." Abwerzger ortete die Gefahr, dass die Causa "Wasserstoffbetrieb der Zillertalbahn" zu einem "unermesslichen Problemfall" werden könne.

Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint verlangte ebenfalls den Abgang des Vorstandes und ortete einen "Kriminalfall". Schreiner sei "unmittelbar und federführend" mit dem millionenschweren Wasserstoffzugprojekt der Zillertaler Verkehrsbetriebe beschäftigt und betraut gewesen. "Es sollte für den Aufsichtsrat der Zillertalbahn und für die schwarz-rote Landesregierung selbstverständlich sein, dass im Lichte des Kriminalfalls um Herrn Schreiner das millionenteure Wasserstoffzugprojekt der Zillertalbahn komplett neu zu bewerten ist", so Sint.

Grünen-Chef Gebi Mair sah einen "Dr. Schmalspur"

Grünen-Chef Gebi Mair sah einen "Dr. Schmalspur" und nahm Zillertalbahn-Aufsichtsratschef, ÖVP-Abg. und Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl ins Visier, dessen "Lieblingsprojekt" die Wasserstoffbahn sei. "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht. Franz Hörls Projekt Wasserstoffbahn im Zillertal beruht von Anfang an auf einer großen Lüge", meinte Mair in einer Aussendung. "Dr. Schmalspur" Schreiner habe dem Land Tirol ein "unnötig teures Projekt unterjubeln" wollen.

Das Land hatte sich bereits vergangene Woche gegen die Vorhaltungen der Opposition verwahrt. Die Wasserstoff-Entscheidung habe einzig und allein auf unabhängigen Gutachten eines internationalen Unternehmens basiert, und nicht auf der nicht beendeten Dissertationsschrift Schreiners, hatte es geheißen.

Die Zillertaler Verkehrsbetriebe AG betreibt die Zillertalbahn, zahlreiche Buslinien und weitere Busangebote. Die ZVB AG mit dem Firmensitz in Jenbach beschäftigt derzeit 163 Mitarbeiter. Hauptaktionäre sind die Gemeinden des Zillertals und die Marktgemeinde Jenbach.

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