Der Angeklagte soll Scheinfirmen gegründet und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten haben.
Gegen einen 37-jährigen Geschäftsmann ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht ein Prozess wegen Sozialbetrugs eröffnet worden. Der in der Baubranche tätige Unternehmer soll jahrelang in groß angelegtem Stil Aufträge an dubiose Sub-Firmen ausgelagert haben, die zwei entscheidende Vorteile hatten: Laut Anlage waren sie in Wahrheit eindeutig seinem Einflussbereich zuzuordnen, führten aber keine Sozialversicherungsbeiträge ab.
Schaden von 2,33 Mio Euro
Auch die Bauarbeiter-Urlaubs und
Abfertigungskasse ging stets leer aus, wenn die betroffenen vier
Scheinfirmen zum Zug kamen. Insgesamt lastete Staatsanwalt Volkert Sackmann
dem Mann einen Schaden von 2,33 Mio. Euro an, wobei es sich dabei nur um
eine vorläufige Summe handeln dürfte.
"Zu den Lohnabgaben ist ein gesondertes Verfahren anhängig. Da sind wir noch am rechnen. Ich gehe davon aus, dass es sich da auch noch um Millionen handeln wird", sagte der öffentliche Ankläger.
"Kopf einer kriminellen Vereinigung"
Sackmann
bezeichnete den Angeklagten als "Kopf einer kriminellen Vereinigung" und
kündigte an, im Verlauf des vorerst bis zum 4. März anberaumten Verfahrens
die Anklage auf Bildung einer kriminellen Organisation ausdehnen zu wollen:
"Denn Struktur und Aufbau der Firmen erfüllen alle Tatbestandsmerkmale."
Verteidiger Wolfgang Mekis erklärte die Vorwürfe als "teilweise berechtigt". Sein Mandant habe einige Arbeiter bei verschiedenen anderen Firmen angemeldet und in Kauf genommen, dass jene der Gebietskrankenkasse die fälligen Abgaben schuldig blieben. Mekis versicherte jedoch, der 37-Jährige wäre nicht faktischer Geschäftsführer sämtlicher in die Causa involvierter Gesellschaften gewesen.
Strohmänner als Geschäftsführer
Die Anklagebehörde
behauptet, der 37-Jährige habe die Sub-Unternehmen einzig aus dem Grund
gegründet, um einzelne Bau-Projekte steuerschonend abwickeln zu können.
X-beliebige Strohmänner wären zum Schein als Geschäftsführer eingesetzt
worden, wobei diese teilweise über Inserate in Serbien angeworben wurden.
Sie bekamen laut Anklage monatlich 1.100 bis 1.500 Euro bezahlt. Wer dem
Angeklagten einen Geschäftsführer vermitteln konnte, soll mit 10.000 Euro
"belohnt" worden sein.
Der 37-Jährige wies das zurück. Die Sub-Unternehmen wären eigenständige Firmen gewesen. Er konnte Richterin Martina Hahn zwar nur die Vornamen der Chefs nennen ("Abe der Mile ist in der Wiener Baubranche sehr bekannt!"), meinte aber, große Firmen wie die Strabag oder die Porr AG, die mit ihm Geschäfte machten, würden seinen Namen auch nicht kennen: "Das ist so in dem Geschäft".
Aus der U-Haft weiter Fäden gezogen
Er habe Aufträge dann
weitergegeben, wenn das Geld knapp war, führte der Angeklagte weiter aus.
Die Sub-Unternehmen hätten für die solcherart abgeschobenen Arbeiter mit 21
bis 22 Euro pro Kopf kalkuliert: "Ich habe gewusst, es wird da nicht zu
schaffen sein, alle Abgaben zu zahlen."
Der 37-Jährige dürfte auch noch die Fäden gezogen haben, als er in U-Haft wanderte. Dies belegen Ergebnisse einer richterlich genehmigten Telefonüberwachung: Der Mann verfügte in seiner Zelle verbotenerweise über ein Mobiltelefon.