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Acht Täter verurteilt

90 Jahre Haft nach Gruppenvergewaltigung

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Acht Schuldsprüche und ein Freispruch. Urteile nicht rechtskräftig.

Im Wiener Prozess gegen neun Flüchtlinge aus dem Irak, die in der Nacht auf den 1. Jänner 2016 eine junge Deutsche in eine Wohnung gebracht und sich dort allesamt an ihr vergangen haben sollen, ist am Donnerstag ein Urteil ergangen. Acht der neun Angeklagten wurden verurteilt, ein Freispruch erfolgte im Zweifel. Insgesamt wurden die acht Männer zu 90 Jahren Haft (einmal neun, einmal zehn, dreimal elf, einmal zwölf und zweimal 13 Jahre) verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Der Freispruch kommt zustande, weil die Spuren eines der Angeklagten am Opfer auch durch Husten entstanden sein könnten. Das Opfer bekommt 25.000 Euro Schmerzensgeld.

Video zum Thema: Anwalt Reichenbach im Interview nach Prozess

Berufung angemeldet

Die acht sichtlich geschockten Verurteilten meldeten sofort Nichtigkeit und Berufung an. Auch der Freispruch für den ältesten Beschuldigten ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwältin keine Erklärung abgab.

Die Anklägerin Karina Fehringer hatte sich zuvor in ihrem ungewöhnlich emotionalen Plädoyer erschüttert gezeigt, "dass nur einer der neun Angeklagten einen Funken Reue gezeigt hat." Nachlesen: Vor dem Ende des Prozesses bewegte noch die Staatsanwältin mit einem emotionalen Plädoyer.

Tatablauf

Die 28-jährige Frau war nach Wien gekommen, um hier Silvester zu feiern. Stunden später begegneten vier Angeklagte, die ebenfalls in der Innenstadt feierten, der angeschlagenen Frau vor einem Lokal - sie war nicht mehr ansprechbar, da sie zu diesem Zeitpunkt mehr als zwei Promille Alkohol im Blut gehabt haben dürfte. Diesen Umstand nutzten die Iraker aus, indem sie das hilflose Opfer in die Wohnung eines Landsmannes in der Rustenschacherallee in der Leopoldstadt brachten, wo sich weitere fünf Männer aufhielten.

Video zum Thema: Anwalt eines Angeklagten im Interview

Der Anklage zufolge fielen im kleineren Raum der Zwei-Zimmer-Wohnung alle neun Beschuldigten im Alter zwischen 22 und 48 Jahren - acht sind miteinander verwandt oder verschwägert - nacheinander über die Frau her und missbrauchten sie. Die Betroffene war laut Staatsanwältin in einem "bewusstlosen, schreckstarren Zustand" und daher außerstande, sich zur Wehr zu setzen.

Strafe knapp unter Höchstmaß

Mit einer Ausnahme leugnen die irakischen Flüchtlinge die ihnen angelastete Straftat. Einige räumten ein, mit der 28-Jährigen Sex gehabt zu haben - die Initiative sei aber von der Frau ausgegangen. Einer bestritt, überhaupt in der Wohnung gewesen zu sein. Der Älteste von ihnen erklärte, er habe geschlafen, in der Früh die Frau wahrgenommen und ihr lediglich beim Aufstehen geholfen. Dies wurde ihm im Zweifel geglaubt. Laut Richterin Petra Poschalko gebe es bei dem 48-Jährigen keine direkte Belastung für einen sexuellen Missbrauch.

Bei Vergewaltigung ist eine Höchststrafe von 15 Jahren möglich, wenn die Tat eine schwere Körperverletzung zur Folge hat, oder das Opfer längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt wird. All diese Umstände sah das Schöffengericht als gegeben an.

Kaum Milderungsgründe

In ihrer kurz gehaltenen Urteilsbegründung fand die Richterin nur wenige Milderungsgründe: Bei allen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, doch nur zwei Angeklagte hätten zur Wahrheitsfindung beigetragen und nur einer ein volles Geständnis abgelegt. Ein 22-jähriger bekam mit neun Jahren die geringste Strafe. Jener, der als einziger ein reumütiges Geständnis abgelegt hatte, muss ein Jahr länger hinter Gitter, er ist 27 Jahre alt.

Alle acht Verurteilten, die teilweise in Tränen ausbrachen, meldeten nach Rücksprache mit ihren Rechtsanwälten sofort Nichtigkeit und Berufung an.

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Abschiebung unklar

Ob die neun Iraker nach Verbüßung ihrer Strafen abgeschoben werden, bzw. können, steht nicht fest. "Ein rechtskräftiges Urteil bleibt abzuwarten", stellte Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums fest. Laut Medienberichten habe es jahrelang keine Abschiebungen in den Irak gegeben. Rückführungen gebe es laut Grundböck aber sehr wohl. Ob es sich dabei um freiwillige Rückkehrer oder Abschiebungen handelte, konnte er nicht sagen. Die Zusammenarbeit mit der irakischen Botschaft sei nicht optimal. "Bei einer Rückführung ist die Herausforderung nicht die Ausreise, sondern die Einreise, wofür man die Kooperation des betreffenden Landes benötigt."

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