Invalide behauptet vor Wachstube krankenhausreif geschlagen worden zu sein.
Ein Wiener Invaliditätspensionist erhebt schwere Misshandlungsvorwürfe gegen die Wiener Polizei. Der 51 Jahre alte Mann behauptet, am vergangenen Donnerstag vor dem Kommissariat Trillergasse in Wien-Floridsdorf von einem Polizeibeamten krankenhausreif geschlagen worden zu sein. Eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion Wien bestätigte am Mittwochabend die Anschuldigungen. Das Büro für Besondere Ermittlungen (BBE) habe bereits einen Bericht angelegt, die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen, hieß es.
Pensionist laut Polizei "amtsbekannt"
Im Zusammenhang
mit dem Misshandlungsvorwurf hat die Bundespolizeidirektion Wien den Mann
als "amtsbekannt" bezeichnet. "Der Betreffende hat schon früher immer wieder
Anzeigen gegen Kollegen gemacht. Diese wurden allesamt von der
Staatsanwaltschaft untersucht. Die Vorwürfe haben sie nie bestätigt. Dieses
Mal ist es wieder so ein Vorwurf", stellte Polizeisprecherin Iris Seper fest.
Zwischen dem Kommissariat Trillergasse und dem in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Mann dürfte es seit geraumer Zeit "atmosphärische Störungen" geben. Der Pensionist soll unter anderem über ihn verhängte Polizeistrafen für Verwaltungsübertretungen ignorieren und diese einfach nicht bezahlen.
Wollte gegen Strafe protestieren
Der Pensionist hatte gemeinsam
mit seiner Ehefrau das Kommissariat aufgesucht, um gegen eine
Organstrafverfügung wegen Falschparkens zu protestieren. Er hatte in der
vorangegangenen Nacht in unmittelbarer Nähe seinen Pkw auf einem
Schrägparkplatz abgestellt und sollte nun 21 Euro bezahlen, weil das
Fahrzeug angeblich parallel zum Fahrbahnrand abgestellt war.
Da der Beamte, der das Strafmandat ausgestellt hatte, nicht in der Wachstube anwesend war, wollte der 51-Jährige diese wieder verlassen und später seine Einwände vorbringen. "Da ist aus heiterem Himmel aus dem Hinterzimmer ein anderer Polizist dazu gekommen und auf ihn losgegangen", so der Rechtsvertreter des Pensionisten, der Wiener Anwalt Marcus Januschke, im Gespräch.
"So Oarschlecha wie dia"
Mit den Worten "Kumm
eina do, jetzt zag i da, wie wia mit so Oarschlecha wie dia umgengan!"
wurde der Polizist angeblich umgehend handgreiflich. Der 51-Jährige riss
sich los und wollte ins Freie flüchten, als er seiner Darstellung zufolge
vom Uniformierten gegen einen Mauersims gestoßen wurde, zu Boden stürzte und
mit dem Hinterkopf am Gehsteig aufschlug. Als er benommen liegen blieb, soll
der Polizist noch mehrfach mit dem Fuß gegen den Bauch des an Darmkrebs
leidenden Mannes getreten und diesen unter anderem als "Sozialschmarotzer"
beschimpft haben.
Mit eine Rolle für den behaupteten gewalttätigen Übergriff könnte der Umstand gespielt haben, dass der Sohn des Pensionisten vor einiger Zeit mit Beamten des betreffenden Kommissariats in eine gerichtliche Auseinandersetzung um ein Verkehrsdelikt verwickelt war. Der 51-Jährige selbst hatte seit längerem Polizeistrafen von rund 400 Euro offen.
Anwalt: "Ungeheuerlichkeit"
"Dieser Vorfall ist
eine Ungeheuerlichkeit, die in einem Rechtsstaat nicht vorkommen darf. Die
Polizei ist aufgerufen, entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Ich werde
jedenfalls für eine angemessene Entschädigung meines Mandanten sorgen",
kündigte der Rechtsbeistand des Mannes an. Der Anwalt hat - unabhängig vom
polizeiinternen Vorgehen - am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft eine
Strafanzeige wegen Körperverletzung, gefährlicher Drohung, Imstichlassen
eines Verletzten und Unterlassung der Hilfeleistung eingebracht.
Tritte mit gravierenden Folgen
Der behauptete Polizeiübergriff
vor dem Kommissariat Trillergasse in Wien-Floridsdorf soll für den
51-Jährigen gravierende gesundheitliche Folgen gehabt haben. Seine
Gehirnerschütterung, Hautabschürfungen und Verletzungen an der rechten Hand
sowie am Knie wurden zunächst im Unfallkrankenhaus Floridsdorf behandelt.
Dort empfahl man ihm, sich im AKH näher untersuchen zu lassen, da er sich
kurz zuvor infolge seiner Krebserkrankung einer Operation hatte unterziehen
müssen.
"Die dortigen Ärzte stellten fest, dass durch die Tritte im Bauchbereich innere Operationsnarben geplatzt waren, Blutungen bestehen und diese in weiterer Folge operativ versorgt werden müssen", heißt es in der Strafanzeige, die Rechtsanwalt Marcus Januschke im Namen des Invaliditätspensionisten eingebracht hat.
Polizist weggelaufen
Die Ehefrau des Mannes hatte das Geschehen
vor dem Kommissariat teilweise mit ihrem Mobiltelefon fotografiert. Die
teilweise aussagekräftigen Bilder hat Januschke seiner Anzeige beigelegt.
Der angeblich gewalttätige Polizist soll beim Eintreffen der Rettung
weggelaufen und mit einem privaten Pkw davon gefahren sein. Solange nicht
geklärt ist, ob die wider ihn erhobenen Anschuldigungen den Tatsachen
entsprechen, gibt es für ihn vorerst keine dienstrechtlichen Konsequenzen,
meinte eine Polizeisprecherin.
Zumindest drei weitere Polizisten sollen den Zwischenfall mitbekommen, aber nicht eingeschritten sein. Sie sollen sich auch nicht weiter um den unter Schmerzen am Boden liegenden 51-Jährigen gekümmert haben. Gegen sie richtet sich daher der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung. Es war die Frau des Pensionisten, die mit ihrem Handy schließlich dafür gesorgt hatte, dass die Rettung verständigt wurde.