In seiner Predigt

Pfarrer: Austritt aus Liebe

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"Er wird das Priesteramt niederlegen", bestätigte der Zammer Pfarrer.

Schmerz, Trauer, Verzweiflung. All diese ­Gefühle durchlebte der Priesteranwärter Andreas Geisler aus Zams in den letzten Monaten. Seine Liebe zu Gott war stark, doch die Empfindungen für eine Frau aus Fleisch und Blut konnte er einfach nicht mehr verdrängen.

Er holte sich Rat bei einer Ordensschwester, sprach mit seinem Pfarrer. Zum Schluss vertraute er sich ­sogar einer Psychologin an. „Er hatte sich diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht“, sagt Pfarrer Herbert Traxl über seinen Schützling.

Doch am vergangenen Sonntag stand sein Entschluss fest. Die Sehnsucht nach der Liebe einer Frau war größer als sein Traum vom Priesteramt. Während der Messfeier in der kleinen Pfarrkirche ließ Andreas Geisler die Bombe platzen: „Ich habe mich verliebt“, gestand er.

Dass er eine Freundin hat, soll niemand in der Gemeinde bemerkt haben. Dementsprechend groß war der Schock bei den Gläubigen. Aber keiner in der voll besetzten Kirche wagte, ihm einen Vorwurf zu machen.

Abschiedsbrief konnte ihn nicht mehr umstimmen
„Es waren viele traurige Gesichter zwischen den Bänken zu sehen. Er war halt sehr beliebt“, sagt Pfarrer Traxl, der den Anwärter ausbildete. Traxl selbst war auch traurig. Er hatte seinem Schützling schon vorab einen persönlichen Abschiedsbrief geschrieben. Doch auch der konnte den jungen Geistlichen nicht mehr umstimmen.

Jetzt will Andreas Geisler für drei Monate in die Schweiz reisen. Dort soll er in einer geistlichen Wohngemeinschaft wohnen. Sein Pfarrer hat dafür Verständnis: „Er will sich dort von seinem Vorhaben, ein Priester zu werden, verabschieden.“ Wenn er wieder zurück ist, könnte er als Religionslehrer in der Diözese arbeiten.

ÖSTERREICH: Herr Pfarrer, waren Sie von der Bekanntgabe Ihres Priesteranwärters überrascht?
Herbert Traxl:
Nein. Er hat diesen Schritt mit mir besprochen.

ÖSTERREICH: Was haben Sie ihm für die Entscheidung geraten?
Traxl:
Ich wollte ihm nicht reinreden. Er hatte geistliche sowie psychologische Unterstützung.

ÖSTERREICH: Sind Sie traurig, ihn als Anwärter zu verlieren?
Traxl:
Ich bin traurig, dass es ihm nicht mehr möglich ist, Priester zu werden.

ÖSTERREICH: Wie wird jetzt seine Zukunft aussehen?
Traxl:
Er geht für drei Monate in die Schweiz, danach darf er als Religionslehrer arbeiten.

 

 

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