Er brachte die Republik ins Wanken – jetzt steht Julian H. vor Gericht. Wegen eines angeblichen massiven Drogendelikts.
NÖ. Und das wird dem mutmaßlichen Drahtzieher des Ibiza-Videos, Julian H., gegen den ab heute in St. Pölten verhandelt wird, vorgeworfen: Er soll 2017 und 2018 nahe Stadt Haag (Bezirk Amstetten), in Salzburg sowie in Oberösterreich insgesamt 1,25 Kilo Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent zu einem Grammpreis von 40 Euro verkauft haben.
Belastet wird er dabei vor allem von einem Detektei-Ex-Kollegen, der in acht Vernehmungen über acht Monate nichts von Suchtgift bestätigte – in der neunten Aussage gegenüber der Soko Tape aber plötzlich auspackte. Dessen Freundin und ein weiterer Ex-Bekannter von Julian H. belasten ihn ebenfalls. Gegenüber der Stadtzeitschrift Falter meinte der U-Häftling im Sommer, dass die Zeugen für ihr „Falschaussagen“ wohl bezahlt würden – er sei natürlich unschuldig. Sein Anwalt Oliver Scherbaum assistiert: „Wir wissen, dass die Leute dahinter zu solchen Praktiken fähig sind.“ Und fügt noch bitter hinzu: „Nach diesem Verfahren wissen wir, ob es in Österreich möglich ist, Aufdecker von Korruption in der Politik mit konstruierten Anschuldigungen aus dem Verkehr zu ziehen.“
NGOs besorgt über das Vorgehen der Behörden
Schützenhilfe erhielt der Angeklagte, dem bis zu 15 Jahre Haft drohen, am Tag vor dem Prozesstermin von diversen Menschenrechts-NGOs, die sich besorgt über die Folgen der „ausufernden Strafverfolgung“ für künftige Aufdecker zeigen. Nach Studium der Aktenlage äußern sie „erhebliche Bedenken, dass die Ermittlungen auf teils konstruierten Vorwürfen basieren, die dazu genutzt wurden, den Aufdecker zu diskreditieren und seiner Person habhaft zu werden.“
Für Jan Krainer, Fraktionsführer der SPÖ im Ibiza-Untersuchungsausschuss, ist es sogar erwiesen, dass die Soko Tape unter der Leitung des ÖVP-Vertrauensmanns Holzer einseitig ermittelt hat.