Eine 31-jährige Drogenabhängige ist am Donnerstag bei einem Prozess in Salzburg mit dem Vorwurf konfrontiert worden, sie habe einer 16-Jährigen ein morphinhältiges Medikament gespritzt, um sie abhängig und gefügig zu machen.
Salzburg. Die Angeklagte wurde wegen absichtlich schwerer Körperverletzung und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu zwei Jahren unbedingter Haft nicht rechtskräftig verurteilt.
Die arbeitslose Österreicherin, die sich derzeit in Untersuchungshaft befindet, zeigte sich zum Teil geständig. Ja, sie habe ihrer Freundin das Mittel injiziert, aber auf deren Wunsch, sagte die Beschuldigte zur Vorsitzenden des Schöffensenates am Landesgericht Salzburg, Richterin Anna-Sophia Geisselhofer. "Ich habe das gemacht, weil sie solange darum gebettelt hat. Ich hatte aber keinen Vorteil daraus."
Laut Anklage soll sie das Mädchen im Tatzeitraum Oktober 2018 bis März 2019, als die beiden im Pinzgau lebten, für private Dienstleistungen wie die Beaufsichtigung ihres Sohnes und ihres Hundes gefügig gemacht haben. Im Oktober sei die Angeklagte mit der 16-Jährigen nach Salzburg gefahren, um beim Hauptbahnhof Substitol zu kaufen. Dort habe sie dem Mädchen ein Schlafmittel in Form eines "Zuckerls" angeboten, das ein Blackout verursacht hätte. Diesen Zustand habe die 31-Jährige ausgenutzt, um ihr auf der Toilette ein morphinhältiges Präparat zu injizieren.
"Sie wollte das freiwillig", erklärte die Beschuldigte. Insgesamt fünf- bis sechsmal habe sie ihr eine Spritze verabreicht, "dann hat sie es selbst gemacht". Erst Ende des Jahres 2018 habe sie erfahren, dass ihre Freundin nicht 19, sondern 16 Jahre alt sei. Als diese nach immer mehr Suchtmittel verlangt habe, ist es zu einem Streit gekommen und sie habe schließlich den Kontakt mit ihr abgebrochen.
Die mittlerweile 17-Jährige wurde heute als Zeugin befragt. Ein Junkie habe sie nie sein wollen, betonte sie. Von Oktober bis März habe ihr immer die Angeklagte die Spritzen verabreicht. Damals am Bahnhof habe sie gedacht, die 31-Jährige wolle ihr helfen, "aber sie hat mich von Compensan abhängig gemacht." Jedenfalls habe sie ihre Freundin nicht um die Spritzen gebeten. "Nach einem Monat war ich abhängig davon." Dass sie von ihr als Dienstmädchen missbraucht worden sei, habe sie nicht gesagt. "Am Anfang waren wir gute Freunde. Ich weiß nicht, ob sie mich absichtlich abhängig gemacht hat. Ich habe ihr Geld geliehen, das ich dann nicht zurückbekommen habe. Ich habe auf ihren Hund aufgepasst, das habe ich gerne gemacht. Und ich habe ihren Sohn in die Schule gebracht."
Am Ende ihrer Aussage brach die Zeugin in Tränen aus. "Es tut mir leid, dass ich dich angezeigt habe", sagte sie zur Angeklagten. Sie sei im August bei der Polizei gewesen, weil sie Marihuana geraucht habe. Die Anzeige sei ihr von den Beamten nahegelegt worden. "Ich wollte dich nicht abhängig machen", antwortete die Beschuldigte. Ihr Verteidiger forderte einen Freispruch von der Absichtlichkeit einer Körperverletzung. Nach dem Urteil gaben weder die Staatsanwältin noch der Verteidiger eine Erklärung ab.