Tirol

Fall Nadina: Schuldfrage weiter ungeklärt

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Nach einer Routineoperation 2008 erlitt Nadina schwere Hirnschäden.

Im Fall eines nach einer Leistenoperation an der Innsbrucker Klinik im Jahr 2008 schwerstbehinderten Mädchens haben am Dienstag, dem zweiten Prozesstag, mehrere Zeugen betont, dass der Eingriff problemlos verlaufen und es zu keinerlei Auffälligkeiten oder Komplikationen gekommen sei. Die Zeugen beschrieben Nadina unisono als Routinefall.

Die Befragungen gestalteten sich schwierig, weil viele Zeugen angaben, sich nach über sechs Jahren nicht mehr an die Ereignisse erinnern zu können. Nur anhand der damals angefertigten Protokolle konnten viele der Ärzte und Krankenschwestern Auskünfte über den Ablauf geben.

Lücke
Der anwesende Gutachter Gernot Pauser kritisierte indes eine Dokumentationslücke bei Nadinas Werten von rund 30 Minuten nach der Operation, also während der Aufwachphase des Mädchens. "Zu irgendeinem Zeitpunkt muss Nadina mit Sauerstoff unterversorgt gewesen sein", erklärte der medizinische Gutachter. Laut Pauser beschädigte nämlich eine schwere Hypoxie (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff; Anm.) die graue Gehirnsubstanz des Mädchens.

Rätsel
Sowohl die Ärzte, als auch die Krankenschwestern berichteten jedoch, dass unter ihrer Aufsicht die Sauerstoffsättigung des Mädchens nie in einem kritischen Bereich gewesen sei. "Wenn sich die Werte des Mädchens verschlechtert hätten, wäre mir das auf jeden Fall aufgefallen", sagte die Anästhesieschwester. Zum Zeitpunkt der Dokumentationslücke sei sie jedoch bereits mit den Vorbereitungen für den nächsten Patienten beschäftigt gewesen. "Dabei kann ich aber immer noch Nadina im Auge behalten", versicherte sie.

Auch der damalige Assistenzarzt des angeklagten Mediziners sprach von einer "völlig normalen Narkose". "Bei der Narkose wurden keine unüblichen Medikamente verwendet und auch während der Operation gab es keine besonderen Vorkommnisse", sagte der Zeuge.

Schwere Folgeschäden
Die kleine Nadina war am 4. Jänner 2008 im Alter von sechs Wochen am Landeskrankenhaus Innsbruck operiert worden. Bei der Behandlung kam es zu Komplikationen, die mit einem massiven Gehirnschaden des Kindes endeten. Das Mädchen leidet laut dem Anwalt der Familie unter anderem an tief greifenden Entwicklungs- und komplexen Wahrnehmungsstörungen, einer zerebralen Sehstörung und einer schweren Epilepsie mit therapieresistenten Krampfanfällen.

Weitere Zeugen
Der Prozess am Innsbrucker Landesgericht ist auf drei Tage anberaumt. Am Mittwoch soll er mit weiteren Zeugeneinvernahmen fortgesetzt werden. Ob Richter Gerhard Melichar tatsächlich schon am Mittwoch ein Urteil verkünden wird, schien jedoch fraglich. Eine Zeugin war zu ihrer Einvernahme nicht erschienen und Staatsanwältin Erika Wander kündigte bereits an, dass sie auf deren Befragung nicht "verzichten" werde.

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