Testamentsaffäre: Republik haftet laut OGH-Urteil für Schaden

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Bund muss für Anwalts- und Verfahrenskosten zweier geprellter Erbinnen aufkommen.

Die Republik Österreich muss laut einem aktuellen Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) in der Vorarlberger Testamentsfälschungsaffäre teilweise für den Schaden aufkommen, der rechtmäßigen Erben entstanden ist. Der Hauptverdächtige in der Affäre, Jürgen H., habe im Fall zweier geprellter Erbinnen in seiner Funktion als Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn das Erbrechtsverfahren beeinflusst. Damit habe er sich entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtungen verhalten, der Bund hafte daher wegen dieser Verstöße, so das Erkenntnis.

Zwei Dornbirnerinnen waren von ihrer Cousine im Jahr 1991 als Erbinnen eingesetzt worden. Als die Frau 2005 starb, tauchte jedoch ein Testament auf, mit dem die Fälscher, darunter Bedienstete des Bezirksgerichts Dornbirn, das Erbteil in Höhe von rund 38.000 Euro auf einen Strohmann umleitete. Als die rechtmäßigen Erbinnen die Echtheit dieses Letzten Willens anzweifelten und vor Gericht gingen, ließen die Fälscher das Dokument verschwinden und erstellten ein neues falsches Testament.

Mit Auffliegen der Malversationen am Bezirksgericht musste die Causa rückabgewickelt werden. Die beiden Frauen erhielten ihr Erbe zurück. Dadurch und durch den Gang vor Gericht angesichts des ersten falschen Testaments seien ihnen Verfahrens- und Anwaltskosten in Höhe von inzwischen fast 100.000 Euro entstanden. Diese Kosten seien nur aufgrund der Manipulationen am Bezirksgericht angefallen, so die Klagsseite. Die Finanzprokuratur als Vertreterin der Republik Österreich bestritt eine Amtshaftung. Der damalige Grundbuchspfleger und Geschäftsstellenleiter Jürgen H. hatte aus ihrer Sicht als Privatperson gehandelt und nicht in Ausübung seines Amtes.

Das Landesgericht Feldkirch als Erstgericht wies das Klagsbegehren zunächst ab. Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht sah die Haftung des Bundes jedoch dem Grunde nach als gegeben an. Der OGH schloss sich mit einigen Differenzierungen nun dem Berufungsgericht an.

Laut OGH besteht keine Amtshaftung für Taten, die der Gerichtsbedienstete Jürgen H. ohne Ausnützung seiner Funktion als Grundbuchsrechtspfleger beging. Zudem hafte der Bund nicht für Vermögensschäden, die Erben wegen eines gefälschten Testaments entstanden, dessen Unterschriften von angeblichen Zeugen aus Dokumenten des Urkundenarchivs des Bezirksgerichts Dornbirn stammten. Nur Personen, deren Daten davon betroffen waren, könnten hier einen Verstoß gegen die amtliche Akteneinsicht und eine Verletzung des Amtsgeheimnisses geltend machen. Zwar habe der Gerichtsmitarbeiter einem Anwalt durch eine rechtswidrige Akteneinsicht die Herstellung eines gefälschten Testaments ermöglicht, Vermögensschäden Dritter seien aber nicht vom Zweck des Amtsgeheimnisses erfasst.

Sehr wohl aufkommen müsse der Bund aber für den Schaden der Erbinnen, den sie während des Verlassenschaftsverfahrens aufgrund des weiteren gefälschten Testaments und der Fälschung im Urkundenverzeichnis erlitten. Zu jener Zeit sei Jürgen H. Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts gewesen und habe das Erbrechtsverfahren beeinflusst. Er habe damit "genau das Gegenteil seiner gesetzlichen Verpflichtungen, sich gesetzmäßig zu verhalten und Missstände zu beseitigen" erfüllt. Und dafür hafte der Bund. Die Höhe des Schadens wird im weiteren Verfahren zu ermitteln sein.

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