Als die tödlichen Schüsse in der Innenstadt fielen, stand er nur wenige Meter entfernt.
Zwei Männer sind bei der Wollzeile vor einem Wiener Innenstadt-Lokal am Freitagnachmittag regelrecht hingerichtet worden. Ein Opfer starb durch mehrere Schüsse noch am Tatort, ein zweites ist in Lebensgefahr, berichtete die Polizei. Nach dem männlichen Täter wurde auch Stunden nach der Tat in ganz Wien, unter anderem mit Polizeihubschrauber und Diensthunden, gefahndet.
Der Augenzeuge hörte die Schüsse und sah den Täter Richtung Wiener Innenstadt flüchten.
ÖSTERREICH: Was haben Sie beobachtet?
Augenzeuge: Ich bin im Figls gesessen, am Lugeck, direkt am Fenster und hab’ ein Schnitzel bestellt. Dann die Schüsse. Fünf, sechs Mal hat es laut geknallt. Zuerst hab’ ich an Silvesterkracher gedacht, doch plötzlich sind am Lugeck Menschen wild durcheinandergelaufen.
ÖSTERREICH: Was ist dann passiert?
Augenzeuge: Die Leute sind in Deckung gegangen, auch in der kleinen, engen Gasse vor dem alten Figlmüller. Dort sind zwei Männer auf dem Boden gelegen, direkt vor dem Lokaleingang. Ein Mann ist aus der Gasse herausgelaufen, er hat noch die Pistole in der Hand gehabt, es war wohl der Schütze. Er war nicht maskiert. Ich glaube, er hatte einen Bart, dunkle Haare, mehr hab’ ich nicht erkennen können, alles ging rasend schnell.
ÖSTERREICH: Konnten Sie die Opfer sehen?
Augenzeuge: Ja, ich hab’ direkt in die Gasse reingeschaut. Mehrere Personen haben sich um die beiden Männer gekümmert. Eines der Opfer hat sich bewegt, lag seitlich, der zweite Mann war wohl schon tot. Später wurde mir auch bestätigt, dass ein Mann sofort tot war.
ÖSTERREICH: Gab es vor Ort Gerüchte über das mögliche Mordmotiv?
Augenzeuge: Nein. Ich weiß nur, dass alle, die das beobachtet haben, schwer geschockt sind – ein Mord auf offener Straße.
Rund zehn Schüsse abgefeuert
Die Opfer waren in der Passage, die Lugeck und Wollzeile miteinander verbindet, unterwegs, als laut Zeugen fünf bis zehn Schüsse abgegeben wurden. Ob die Männer zuvor in dem bekannten Schnitzeltempel Figlmüller essen waren und der Täter auf sie gewartet hat, ist unklar. Die Betreiber des Lokals betonten in einer Aussendung, dass Gäste und Mitarbeiter des Restaurants zu keinem Zeitpunkt in Gefahr waren.
Anscheinend zu dritt unterwegs
Ein Ohren- und Augenzeuge berichtete, dass die Männer zu dritt unterwegs waren. Der russische Tourist, der in einem Geschäft in der Wollzeile war, hörte die Schüsse und sah, wie Passanten die Flucht ergriffen. In der Passage lagen die beiden Angeschossenen, ein dritter Mann stand daneben und sprach mit den etwa 30 bis 40 Jahre alten Opfern. Der 57-Jährige nahm an, dass es sich um einen Angehörigen gehandelt hat. Der Mann sprach eine slawische Sprache, der Tourist vernahm mehrmals ein besorgtes "Bruder, Bruder", wie er der APA berichtete. Den Täter hat der Russe nicht mehr gesehen.
Dass ein dritter Mann die beiden Opfer begleitete, wollte Polizeisprecher Daniel Fürst auf APA-Anfrage nicht bestätigen. Die Identität des Toten und des Verletzten sind geklärt, wurden aufgrund laufender Ermittlungen aber nicht bekannt gegeben. Zeugen gaben nicht nur eine Täterbeschreibung ab, sie berichteten auch, dass der Bewaffnete mit einem Auto geflüchtet sein könnte. Deshalb gab es im Laufe des Nachmittags nahe des Tatorts mehrere Anhaltungen, jedoch noch keine Festnahmen.
Polizei stellt klar: Kein Terror
Die Schüsse im größten Weihnachtstrubel in der Innenstadt lösten Panik wegen eines möglichen Terroraktes aus. Das schloss die Polizei jedoch sofort aus. Es habe sich vielmehr um eine "gezielte Straftat" gehandelt. "Es besteht derzeit keine Gefährdung für Unbeteiligte", twitterte die Exekutive.
Der Tatort wurde großräumig zwischen Lugeck und Wollzeile abgesperrt. Polizisten waren mit Helmen und schusssicheren Westen zur Verwunderung zahlreicher Touristen an neuralgischen Punkten postiert. Die Sperre wurde drei Stunden nach der Bluttat aufgehoben. Nur die Passage bleibt für die Tatortarbeit geschlossen.