ÖSTERREICH vor Todesstadt

Kobane: "Wir hören die Bomben"

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ÖSTERREICH-Reporterin Isabelle Daniel berichtet von der syrisch-türkischen Grenze.

Die umkämpfte Stadt Kobane ist nur einen Kilometer entfernt. Man erkennt den Rauch, der nach US-Luftschlägen aufsteigt. Hört die Raketen-Antwort der ISIS-Terroristen. Und man sieht, wie die Kurden über die US-Schläge jubeln: „Nie hätte ich gedacht, dass wir jemals die USA bitten würden, hierherzukommen“, sagt eine junge Kurdin zu ÖSTERREICH: „Wir sind dankbar. Ohne die US-Hilfe wäre Kobane längst verloren.“
Seit Montag sind SP-Klubchef Andreas Schieder, VP-Mandatarin Elisabeth Pfurtscheller und Grün-Abgeordnete Berivan Aslan im türkisch-syrischen Grenzgebiet unterwegs. Eine Fact-Finding-Mission in jenen Lagern, in die sich die Bewohner der seit 44 Tagen belagerten Stadt gerettet haben.

Wir Österreicher werden als Freunde empfangen
Die Österreicher werden von den Kurden als „Freunde“ empfangen. Sie wissen jede Unterstützung zu schätzen. „Wir sind hier, um unsere Solidarität für Demokratie und Menschlichkeit für Sie auszusprechen“, sagt Schieder der Vizebürgermeisterin von Suruç.

Überall in der Grenzregion sind die dramatischen Folgen des ISIS-Vormarsches zu spüren. 200.000 Menschen mussten vor den Terroristen flüchten, erzählt Ayşe Efendi, Parlaments­vizechefin von Kobane.

In den Flüchtlingscamps: Kinder, Frauen und Alte
Wir fahren an mehreren Flüchtlingscamps vorbei. Frauen, Kinder, ältere Menschen sind in Zelten untergebracht. „Um nur 7.000 kümmert sich die türkische Regierung“, erzählen die Kurden, der Rest werde von ihnen und „Unterstützern der Kurden organisiert“.
Die Kurden sind wütend auf die türkische Regierung. Efendi wirft Präsident Erdogan vor, „ISIS zu unterstützen. Er will, dass Kobane fällt. Das wird nicht geschehen.“
Wir sehen massive Stellungen des türkischen Militärs, verstärkt türkische Polizei. Dennoch kämen „immer wieder ISIS-Kämpfer über die Grenze rein und raus“, behaupten die kurdischen Kämpfer.

Tatsächlich: Ein Besuch im Flüchtlingscamp Akçakale unweit der Grenze muss aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. „Dort sind zu viele ISIS-Leute“, sagen sie uns. Ob das stimmt, können wir nicht überprüfen.

Kurden-Politikerin Efendi berichtet von Dutzenden Frauen, die in Kobane kämpfen. Ihnen solle jenes Schicksal erspart bleiben, das jesidischen oder arabischen Frauen widerfahren ist. Sie wurden von Terroristen vergewaltigt und am Markt verkauft. „Deshalb heben unsere Frauen eine letzte Kugel auf, um sich zu erschießen, bevor sie in die Hände der Barbaren fallen“, sagt Efendi.

In einem der zahlreichen Camps wird ein 18-jähriges Mädchen gerade psychologisch betreut. Sie musste in Kobane eine Enthauptung mitansehen. Seither steht die junge Frau unter Schock. Sie bräuchte dringend medizinische Betreuung.

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