'Selbstlos macht es Trump nicht'

Experte über Kurz' Trumpbesuch

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US-Präsident Donald Trump will mit dem Empfang für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Sachen Russland, Iran und der Migrationspolitik punkten.

Diese Einschätzung äußert der Politikwissenschafter Heinz Gärtner im APA-Gespräch. "Selbstlos macht es Trump ganz sicher nicht", verwies er etwa auf die Einwanderungsfrage. "Das wird ein Punkt sein, wo man sich gegenseitig bestätigt."
 

Mauerbau sei nicht ganz so anders als Schließung der Balkanroute

Der von Trump betriebene Bau einer Mauer zu Mexiko sei schließlich "nicht ganz so etwas anderes als die Schließung der Balkanroute", verwies der Wiener Universitätsprofessor auf Kurz' politischen Longseller. "Die Migrationsfrage wird von beiden Seiten als Erfolg dargestellt werden. Das verkauft Kurz innenpolitisch, und Trump innenpolitisch." Für Trump sei der ÖVP-Chef auch deshalb wichtig, weil er "eine Leitfigur" der Rechtskonservativen in Europa sei, zu denen der US-Präsident "eine gewisse Schiene zu legen" versuche.
 

Bundeskanzler Kurz könnte Einladung Trumps nach Wien ankündigen

Trump werde vor der Presse jedenfalls den Eindruck vermitteln wollen, dass er etwas erreicht habe, so Gärtner. Am ehesten werde dies noch beim Thema Gas möglich sein, wo der Kanzler die Bereitschaft zum Kauf von US-Flüssiggas signalisieren könnte. Der Kanzler wiederum könnte eine Einladung Trumps nach Wien ankündigen. Dass es zu einem Gipfeltreffen zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Österreich kommen könnte, sei aber unwahrscheinlich. "Das kann Trump aus innenpolitischen Gründen derzeit nicht tun", sagte Gärtner mit Blick auf die Russland-Ermittlungen der US-Justiz.
 
Gärtner erwartet auch, dass Trump die Frage der IS-Kämpfer in Syrien ansprechen wird. Kurz müsse "streng rechtlich argumentieren" und darauf hinweisen, dass österreichische Staatsbürger nur zurückgenommen werden, "wenn sichergestellt ist, dass es österreichische Staatsbürger sind".
 

Empfang im Weißen Haus wird Kurz' Prestige erhöhen

"Für Kurz ist wichtig, dass es einen Erfolg für Kurz gibt", sagte Gärtner auf die Frage nach den Zielen des Kanzlers. Der Empfang im Weißen Haus "wird sicherlich sein Prestige erhöhen, in Österreich und in Europa". Zudem gehe es Kurz darum, "dass er in den Geschichtsbüchern aufscheint neben (Bruno) Kreisky, (Franz) Vranitzky und (Wolfgang) Schüssel", den bisherigen Kanzlern im Weißen Haus.
 

Putin-Hochzeitseinladung Kneissls möglicherweise Grund für Einladung

Laut Gärtner könnte Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) mit ihrer umstrittenen Hochzeitseinladung an Kreml-Chef Putin dazu beigetragen haben, dass Kurz im Weißen Haus empfangen wird. Die US-Botschaft in Wien scheine nämlich nach Kneissls Hochzeit im August "sehr aktiv geworden zu sein, diesen Besuch zustande zu bringen, um den Eindruck zu verwischen, dass Österreich russophil (russlandfreundlich, Anm.) sei".
 

Frage im Iran-Atomdeal könnte für Kurz heikel werden

Heikel könnte es für den Kanzler in der Frage des Iran-Atomdeals werden, meinte Gärtner. Dies sei "ein Thema, wo Kurz in Schwierigkeiten geraten wird". Einerseits wolle er es Trump und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu "Recht machen", die einen Austritt aus dem Abkommen fordern, andererseits könne er den Deal, der während seiner Amtszeit als Außenminister in Wien geschlossen wurde, nicht fallen lassen. "Der Spagat ist ziemlich groß, den er da machen will."
 
Gärtner wies darauf hin, dass Österreich in Sachen Iran-Atomdeal schon eine "Vorleistung in Richtung Trump und Netanyahu" gemacht habe, indem es sich geweigert habe, Gastgeber des europäischen Mechanismus zum Schutz vor den US-Sanktionen zu werden. Als weiteres Anzeichen für ein "Aufweichen" der österreichischen Haltung in Sachen Iran-Atomdeal wertete der Experte die Teilnahme von Kneissl an der umstrittenen Anti-Iran-Konferenz vergangene Woche in Warschau.
 

Anerkennung zu Trumps Außenpolitik: "Kurz muss das sagen"

Verständnis äußerte Gärtner für die jüngst geäußerte Anerkennung des Kanzlers für Trumps Außenpolitik. "Kurz muss das sagen. Er kann ganz sicher nichts anderes sagen, dann wird er vielleicht wieder ausgeladen. Das könnte dem Trump durchaus einfallen", sagte der Experte.
 
Zudem habe Trump mit seiner Politik "durchaus Erfolg" gehabt, verwies Gärtner auf Zugeständnisse der EU-Staaten und Chinas in der Handelspolitik, die Erhöhung der NATO-Verteidigungsausgaben, das Bröckeln des Iran-Atomdeals und den von Trump gegen innere Widerstände durchgesetzten Einreisebann gegenüber moslemischen Staaten. "Zu sagen, er ist gescheitert, wäre ein völliger Blödsinn", sagte Gärtner.
 
Gärtner ging diesbezüglich scharf mit den europäischen Staaten ins Gericht. Man habe Trumps Wahlkampfankündigungen "nicht wahrhaben" wollen. "Ihn lächerlich zu machen, das war der größte Fehler", sagte der Politikwissenschafter. "Die Europäer, die sich lustig gemacht haben über Trump, sind jetzt diejenigen, die Angst haben vor Trump." Nun wolle sich auch "jeder mit ihm treffen, die Europäer stellen sich alle an". Insofern sei es ein Erfolg für Kurz, dass er von Trump empfangen werde.
 

Vor Trump steht Treffen mit Außenminister Pompeo an

Kurz reist am heutigen Dienstag nach Washington, wo er am Abend (Ortszeit) zunächst von Außenminister Mike Pompeo empfangen wird. Bei dem Abendessen im State Department sollen laut dem Kanzler jene Fragen im Fokus stehen, bei denen es zwischen Wien und Washington Differenzen gibt. Im Vorfeld der Visite hatten beide Seiten versucht, diesbezüglich zu kalmieren. Kneissl sagte nach einem Treffen mit Pompeo am vergangenen Donnerstag, die USA und Österreich seien in vielen Bereichen "auf einer Wellenlänge".
 

Seit 13 Jahren erster österreichischer Bundeskanzler im Weißen Haus 

Kurz soll am frühen Mittwochnachmittag (Ortszeit) von Trump im Oval Office empfangen werden. Es handelt sich um den ersten Empfang für einen österreichischen Bundeskanzler im Weißen Haus seit 13 Jahren. Am Donnerstag wird Kurz die Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen IWF und Weltbank in Washington treffen, ehe er am Freitag in der Früh wieder in Wien erwartet wird.
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