Politik-Insider

Faymann und Spindelegger: Szenen 
einer 
Ehe

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Der Kanzler und sein Vize mögen sich nicht mehr. Lesen Sie, warum …

Auf den ersten Blick sind sie fast Twins. Beide 51 Jahre alt, beide silbergraue Haare, immer dunkle Anzüge, beide nur selten emotionell, eher unterkühlt – beide keine großen Charismatiker.

Auf den zweiten Blick sind sie wie Don Camillo und Peppone: Spindelegger sehr katholisch, streng konservativ, sogar Mitglied eines kirchlichen Ritterordens.

Faymann dagegen traditioneller Wiener Sozialist – mit einer großen Portion Skepsis gegen alle Konservativen und Polit-Katholen.

Es begann „friendly“ und wurde bald sehr „blutig“
„Spindi“ ist bereits Faymanns zweite Regierungsehe. War die erste Partnerschaft mit Josef Pröll noch eine „Liebesehe“ (Faymann am Start: „Josef ist mein Freund – wir gehen gern privat mit Frauen essen!“), die zur tief enttäuschten Scheidung wurde (Pröll: „Faymann hat mein Vertrauen missbraucht und am Schluss gezielt gegen mich gearbeitet!“) – so ist Faymanns zweiter Versuch die „klassische Vernunftehe“.

Beide starteten amikal. Sie sind per Du, schätzten einander von vielen Brüsselreisen – und schworen sich „Treue bis 2013“.

Die neue Partnerschaft begann friendly: Gemeinsames Dinner mit den Frauen, jeden Montag um 17 Uhr Kaffee beim Kanzler mit Vorbesprechung des Ministerrats. Gemeinsames Er­arbeiten von 100 Arbeitspunkten, die in einer Klausur beschlossen wurden.

Faymann und Spindel­egger regieren spartanisch. Der Kanzler am noblen Ballhausplatz mit billigsten Bene-Möbeln. Spindel­egger nur eine Minute entfernt am Minoritenplatz in einem Mini-Büro mit Ikea-ähnlicher Einrichtung.

Trotz räumlicher Nähe steuern beide ihren Kontakt über Handy – telefonieren im Schnitt viermal am Tag. Der Kanzler meldet sich meist schon um 8 Uhr, Spindi gern am Abend.

Beide haben ihre Frauen als wichtigste Berater. Faymanns Gattin ist eine enorm engagierte Frauenpolitikerin im Wiener Gemeinderat, Spindeleggers Frau war eine sehr engagierte Spitzenbeamtin im Europäischen Rechnungshof.

Versöhnung fand statt, aber Freunde sind sie keine mehr
Trotz anfangs bester Chemie ist die Polit-Ehe der beiden seit August zerrüttet.

Spindelegger trägt Faymann nach, dass er ihn bei Wehrpflicht-Aus, Vermögenssteuer und Telekom-U-Ausschuss an die Wand spielen wollte – und die Umfragewerte des VP-Chefs seither im Keller sind. Ein VP-Insider: „Spindelegger ist von Faymann enttäuscht, für ihn zählt Paktfähigkeit – und da hat er zu Faymann kein Vertrauen mehr.“

Faymann umgekehrt wird seinem Vize die aus dessen Büro lancierte ÖBB-Inseraten-Kampagne nicht vergessen. Der VP-Chef drehte mitten im Telekom-Skandal den Spieß um – und machte aus Faymann dank befreundeter Zeitungen den „Skandal-Kanzler“. Ein SPÖ-Insider: „Faymann sieht ihn seither als Feind, Freunde werden die nie wieder.“

Immerhin waren sie professionell genug, sich letzten Montag einen Abend lang zusammenzusetzen und einen „Neustart“ zu paktieren. Beide haben sich dabei ein Versprechen gegeben: „Keine Neuwahl vor 2013.“ Hintergrund: Beide haben kein Geld für einen Wahlkampf. Eine Scheidung können sich beide vor 2013 nicht leisten.

 

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