Kanzler im Gespräch

Faymann zur Euro-Krise & Atompolitik

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Der Euro-Rettungsschirm ist groß genug, so Kanzler Faymann, der Spekulanten zur Kasse bitten will.

Kein Ende der Pleite-Serie in der EU: Nach Griechenland und Irland bekommt nun Portugal 80 Milliarden Euro EU-Hilfe. Kanzler Faymann hat die Euro-Rettung nun zur Chefsache erklärt. Faymann verteidigt die EU-Hilfe zwar, er macht aber auch klar, dass ein Ausdehnen des Rettungsschirms derzeit nicht in Frage kommt. Und: Faymann lässt einmal mehr auch Kritik an der EU erkennen: „Wir können die EU nicht gesund beten.“

Denn die Milliarden-Hilfe für die Pleite-Staaten entwickelt sich immer mehr zum Fass ohne Boden. Insgesamt könnte Österreich die Euro-Hilfe mehr als 20 Milliarden Euro kosten:

  •  Griechenland bekam bereits 110 Milliarden Euro von der EU. Österreich selbst hat 2,8 Mrd. überwiesen. Zudem müssen wir 2,2 Milliarden in den neuen Schutzschirm einzahlen – in 5 Tranchen bis 2015.
  •  Hinzu kommen 17 Milliarden Euro an Haftungen, die Österreich beim Euro- Rettungsschirm übernimmt. Im Fall von Portugal wird Österreich Haftungen in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro übernehmen müssen.
  • Dieser Betrag könnte sich noch erhöhen, wenn Spanien als Mitzahler ausfällt. Die Spanier steuern noch vier bis fünf Milliarden für ihren iberischen Nachbarn bei. Braucht Ma­drid aber selbst Geld, kippt auch die Portugal-Unterstützung. Folge: Die fehlende Summe wird auf die liquiden EU-Länder aufgeteilt. Darunter ist auch Österreich.

Die spanische Finanzministerin Elena Salgado beruhigt zwar: „Eine Rettungsaktion für Spanien kommt überhaupt nicht in Frage.“ Schlittert Spanien auch noch in die Pleite, wird es aber eng (die Spanier haben 590 Mrd. € Schulden).

Dann müsste der EU-Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden Euro erweitert werden, sind sich Ökonomen einig. Das will Faymann verhindern. Er fordert nun vermögensbezogene Steuern und will ab April 2012 ein EU-Begehren dafür starten.

 

ÖSTERREICH: Wird der Euro-Rettungsschirm nach der Portugal-Krise vergrößert?
Werner Faymann: Derzeit reicht er aus, weil nur Teile davon beansprucht werden. Die gemeinsame Währung hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile haben sich in der Krise gezeigt: ein Verhindern einer Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er Jahren und für Österreich ein Anstieg der Außenhandelsbilanz und neue Arbeitsplätze.

ÖSTERREICH: In der Euro-Zone gibt es zwei sehr unterschiedliche Gruppen.
Faymann: Natürlich gibt es große Unterschiede. Vorherzusagen, dass sich die Unterschiede innerhalb der EU durch unsere Maßnahmen jetzt verringern, wäre Scharlatanerie. Wir dürfen uns nicht angewöhnen, in Europa alles toll zu finden und gesund beten zu wollen. Es gibt Licht und Schatten.

ÖSTERREICH: Und was wollen Sie gegen die Schattenseiten unternehmen?
Faymann: Ich möchte vermögensbezogene Steuern. Es kann nicht sein, dass innerhalb der EU ein Konkurrenzkampf entsteht, wer das beste Steuerparadies wird. Europa darf nicht Cayman Islands werden. Ich engagiere mich für eine Bürgerinitiative um gerechtere Steuern durchzusetzen. Da sind wir innerhalb der EU noch in Opposition. Aber alle Sozialdemokraten befürworten beispielsweise die Finanztransaktionssteuer, selbst Konservative wie Frankreichs Präsident Sarkozy. Auch Deutschlands Kanzlerin Merkel konnte ich dafür gewinnen.

ÖSTERREICH: Wann soll es dieses EU-Begehren geben?
Faymann: Ab April 2012. Wir werden bis dahin Unterschriften sammeln, mit NGOs zusammenarbeiten, im Internet und via Newsletter mobilisieren.

ÖSTERREICH: Sie wollen im Herbst auch einen Anti-Atomgipfel in Wien veranstalten?
Faymann: Die EU-Sozialdemokraten sind eindeutig gegen Atomenergie, hier sind natürlich die Grünen ein mehr als glaubwürdiger Partner. SPE-Chef Martin Schulz wird mit den EU-Grünen über eine Kooperation sprechen. Wir wollen aber auch mit NGOs zusammenarbeiten. Die Atomlobby ist stark und die Gegner müssen zusammenhalten. Bei der Konferenz wollen wir mit Experten darüber reden, wie wir aussteigen können.

ÖSTERREICH: Die Grünen veranstalten am Ostermontag eine Anti-Atom-Demo. Werden Sie daran teilnehmen?
Faymann: Wenn das eine gemeinsame Veranstaltung wird, werde ich natürlich daran teilnehmen.

Interview: Isabelle Daniel

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