Promiauflauf für Arigonas Familie: Unter den 500 Demoteilnehmern waren Politiker und Künstler - Platter will trotzdem nicht nachgeben.
Eine Protestkundgebung für die teilweise abgeschobene Familie Zogaj hat am Samstag in Frankenburg in Oberösterreich, wo sie seit fünf Jahren lebte, stattgefunden. Rund 500 Menschen - allen voran Prominente sowie Politiker von SPÖ und Grünen - nahmen nach Angaben der Polizei daran teil. Trotz des rigiden ÖVP-Kurses in Sachen Fremdenrecht - vor allem von Seiten des Innenministers Günther Platter - waren sehr wohl auch schwarze Politiker dabei.
Texte wie "Lasst die Zogajs in Österreich" und "Herr Minister, bitte holen Sie unsere Freunde zurück" waren auf den zahlreichen Transparenten zu lesen.
Nach 5 Jahren bleiben
Alle Asylverfahren, die fünf Jahre und
länger dauern, müssten geprüft und gegebenenfalls sofort ein
Aufenthaltsrecht erteilt werden, forderte SPÖ-Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer in ihrer Ansprache. "Wer am rechten Rand fischen will,
der soll zu den Freiheitlichen gehen", erklärte ihr Parteikollege und
Soziallandesrat Josef Ackerl in Richtung der ÖVP.
Bundesregierung verrückt?
"Sind denn alle verrückt in
der Bundesregierung?", fragte der Grüne Nationalratsabgeordnete Karl
Öllinger. Gottfried Hirz, Klubchef der Oberösterreichischen Grünen,
verlangte ein humanitäres Bleiberecht für die Familie Zogaj, sonst sei
Platter "rücktrittsreif".
"Wenn Asylverfahren so lange dauern, hat die Republik ihr Recht verwirkt", richtete ÖVP-Landtagspräsidentin Angela Orthner ihrem Parteifreund Platter aus.
Künstler aufgebracht
Es könne nicht sein, dass eine Partei
Wahlkampf betreibe, indem sie kleine Kinder in den Kosovo abschiebe, so
Fernsehmoderator und Schauspieler Alfons Haider. Das könne nicht sein, "das
ist nicht meine Heimat".
Der Autor Franzobel reagierte in seiner Rede auf Platter, der erklärt hatte, dass der Staat nicht erpressbar sein dürfe. "Wie soll ein 15-jähriges Mädchen den Staat erpressen?", fragte der Schriftsteller. Das könnten allenfalls Terroristen und Geiselnehmer.
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Die Demo marschierte am Haus der betroffenen Familie vorbei, die Videobotschaft der untergetauchten Arigona wurde noch einmal, und es wurde einmal mehr an den einstimmigen Gemeinderatsbeschluss für ein Bleiberecht der Zogajs erinnert. Die "Nacht-und-Nebel-Aktion", in der die Familienmitglieder teilweise abgeschoben wurden, sei "unmenschlich" gewesen, sagte SPÖ-Bürgermeister Franz Sieberer: "Das gehört nicht hierher nach Österreich."
Österreicher für Familienzusammenführung
Dass die
Österreicher hinter den Frankenburgern stehen, zeigt die Exklusiv-Umfrage
des Meinungsforschungsinstituts Gallup im Auftrag von ÖSTERREICH. Demnach
verfolgen 84 Prozent der Österreicher die Ereignisse rund um die Abschiebung
von Arigona. Und 62 Prozent sprechen sich für den Verbleib der Familie in
Österreich aus (14 Prozent dagegen). 68 Prozent wollen zumindest die
Geschwister wieder bei der Mutter wissen.
Zwei Drittel der Österreicher (69 Prozent) plädieren für ein Bleiberecht ab fünf Jahren Aufenthalt in Österreich. Hat sich Minister Platter richtig verhalten? 40 Prozent sagen „Nein“, nur 31 Prozent „Ja“.
Platter will nicht nachgeben
Der Innenminister bleibt
unnachgiebig. Samstagmittag erklärte er auf Ö1, es sei der falsche Weg zu
versuchen, den Rechtsstaat durch Drohmaßnahmen "in die Knie"
zu zwingen. Das sei ein Erpressungsversuch, dem wolle er "nicht
nachgeben", auch wenn ihn die Situation selbst nicht kalt lasse.
Platter appellierte an Arigona, sich zu melden, um dann betreut werden und entsprechende Schritte überlegen zu können. Weitere Zugeständnisse wollte er nicht machen. Eine Handypeilung werde definitiv nicht bei der Suche nach dem Mädchen eingesetzt, hieß es unterdessen zumindest aus dem Innenministerium. Sie habe ihr Handy nämlich gar nicht dabei.
Platter will nun weiter auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs warten. Wieso er genau in diesem Fall keinen humanitären Aufenthaltstitel vergeben wolle, sagte er nicht, jährlich hunderten anderen Zuwanderer ein humanitäres Bleiberecht gewährt wird.
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Verfassungsgericht ortet Missverständnis
Der
Verfassungsgerichtshof wiederholte, dass kein Verfahren über die Ausweisung
der Familie anhängig sei. Das VfGH-Verfahren betreffe einen Antrag der
Familie auf Erstniederlassungsbewilligung. Dieses Verfahren habe nichts mit
der Frage zu tun, ob eine Ausweisung gesetzeswidrig wäre oder nicht.
Der VfGH habe gar keine Kompetenz, einen humanitären Aufenthaltstitel oder einen humanitäre Niederlassungsbewilligung zu erteilen. "Das fällt alleine in die Kompetenz des Innenministers."
Mit einer Entscheidung in diesem VfGH-Verfahren ist nicht vor Dezember zu rechnen.
SPÖ-Appelle an Platter
Klubchef Josef Cap und
Bundesgeschäftsführer Josef Kalina riefen den schwarzen Innenminister einmal
mehr auf, der Familie Zogaj humanitäres Bleiberecht zu gewähren. Nach der
Klarstellung des VfGH befand Kalina, dass sich Platter nun nicht mehr hinter
dem Höchstgericht verstecken könne.