Die Endauszählung der Briefwahlstimmen folgt am kommenden Montag.
Die Grünen können sich über ihr mit der Briefwahl-Zwischenauswertung - zulasten der FPÖ - dazugekommenes elftes Wiener Gemeinderatsmandat noch nicht ganz freuen. Denn sie könnten es mit der Endauszählung am Montag wieder verlieren. Wandern würde es zur ÖVP, ergeben die Briefwahlprognosen der ARGE Wahlen und von SORA. Wobei die Prognose diesmal schwierig ist: Es ist nämlich noch eine ungewöhnlich große Zahl von Wahlkarten im Umlauf. Wie viele davon noch als Briefwahlstimme bei den Wahlbehörden eintrudeln, lässt sich kaum abschätzen.
Wahlkarten
Rund 156.000 Wahlkarten wurden für die Gemeinderatswahl ausgegeben (162.000 für die Bezirksvertretungswahlen). In der Zwischenauswertung gestern, Dienstag, wurden 85.000 ausgezählt. Von der Differenz - 71.000 - wurde ein guter Teil schon am Sonntag im Wahllokal abgegeben. Und ein Teil der Wähler, die eine Wahlkarte beantragt haben, verzichtet auch auf die Stimmabgabe.
Der "Schwund" - am Wahlsonntag im eigenen Wahlkreis oder gar nicht abgegebene Wahlkarten - beträgt üblicherweise 20 bis 25 Prozent, erklärte Christoph Hofinger von SORA. Womit 75 bis 80 Prozent der Wahlkarten als Briefwahlstimme genützt werden. Das würde aber für die Wien-Wahl bedeuten, dass bis Montag noch rund 30.000 bis 40.000 Briefwahlstimmen dazukommen. Auch die ARGE Wahlen setzt die Zahl der noch im Umlauf befindlichen Briefwahlstimmen mit 35.000 an.
Endauszählung
Das wäre aber eine ungewöhnlich große Zahl an Stimmen der "zweiten Tranche". Denn üblicherweise kommen zwischen der Zwischenauswertung am Dienstag und der Endauszählung noch zehn bis 20 Prozent der (insgesamt abgegebenen) Briefwahlstimmen. Was für Wien rund 9.000 bis 18.000 wären.
Laut SORA wird das elfte Grün-Mandat zur ÖVP wandern, wenn mehr als rund 14.000 gültige Stimmen dazukommen. Wobei man freilich auch nicht weiß, wie die Briefwähler der zweiten Tranche wählen. Sollten unter ihnen - anders als in der ersten Tranche - überdurchschnittlich viele Grün-Wähler sein, können die Grünen das elfte Mandat behalten, auch wenn mehr als 14.000 gültige Stimmen dazukommen. Um das für sie 14. Mandat zu erlangen, müsste die ÖVP ihren Vorsprung gegenüber den Grünen um mindestens 612 Stimmen ausweiten, hat die ARGE Wahlen errechnet.
Stimmverhalten
Nicht nur die Zahl der noch zu erwartenden gültigen Stimmen macht den Meinungsforschern Probleme, auch die Einschätzung des Stimmverhaltens der Briefwähler ist schwierig geworden. Die Briefwähler-Struktur ändert sich mit zunehmender Inanspruchnahme. So hat in Wien, anders als üblich, die SPÖ mit der Zwischenauswertung gegenüber dem Wahlsonntag zugelegt. Dies liegt laut Hofinger einerseits daran, dass immer mehr Pensionisten die Stimme am Postweg abgeben. Und andererseits daran, dass in den Arbeiterbezirken die Zahl der Wahlkartenanträge wesentlich - um ein Viertel bis ein Drittel - gestiegen ist. Was sicherlich auch auf das Service der Stadt Wien zurückzuführen ist, jedem Wahlberechtigten einen Antrag mit Antwortkuvert zuzuschicken.
Den Grünen ist bewusst, dass ihr elftes Mandat noch nicht sicher ist. "Es ist zwar eine gute Nachricht, dass bei derzeitigem Auszählungsstand ein Mandat zu den Grünen wandert, aber dass dies so bleibt ist keineswegs fix", erklärte Stadtrat David Ellensohn am Mittwoch in einer Aussendung. Fix werde es erst am Montag sein, wenn alle Briefwahlstimmen ausgezählt sind.