Unbeirrbar

Haidinger wiederholt Amtsmissbrauchsvorwürfe

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Im Sonder-Innenausschuss wich der geschaßte BKA-Chef nicht von seinen bisherigen Angaben ab - die Diffamierungen seitens der ÖVP wies er zurück.

Ex-BKA-Chef Herwig Haidinger hat im Sonder-Innenausschuss am Dienstag seine Vorwürfe bekräftigt. Haidinger hatte die Affäre Innenministerium mit den Amtsmissbrauchsvorwürfen vor allem gegen das Kabinett der ehemaligen ÖVP-Innenministerin Liese Prokop aufgedeckt. Vor dem Ausschuss hatte die ÖVP Vorwürfe gegen Haidinger ausgegraben, um ihn in seiner Glaubwürdigkeit zu erschüttern.


Lesen Sie brisante Auszüge aus den Haidinger-Mails

 


Noch mehr brisante Auszüge

 

Der Sonder-Innenausschuss ist ein wichtiges Datum für die große Koalition. Nach den Anhörungen will die SPÖ über die Einsetzung eines möglichen U-Auschusses entscheiden, was laut ÖVP ein "Koalitionsbruch" wäre.

  • Banken-Daten für ÖVP-Klub
    Der damalige Kabinettchef von ÖVP-Innenministerin Liese Prokop, Philipp Ita, habe ihn im November 2006 mehrfach angewiesen, Akten, die vom Bundeskriminalamt an den Bankenausschuss zu liefern waren, zuerst an den ÖVP-Klub zu übermitteln. Er sei der Aufforderung aber nicht gefolgt, was Ita aufbrausend quittiert habe, erzählte Haidinger. Innenminister Günther Platter bestätigte, dass der Klub keine Daten bekommen habe.
  • BAWAG-Gelder an SPÖ
    Ebenso wiederholte Haidinger seine Aussage, er sei vom Ministerbüro aufgefordert worden, allfällige Geldflüsse von der BAWAG oder dem ÖGB an die SPÖ sofort zu melden. Das habe er zuerst auch getan. Als dann aber die Daten an die Öffentlichkeit gelangten, habe er die Datenübermittlung eingestellt.
  • Fehler im Fall Kampusch
    Zur Causa Kampusch erklärte der Elitepolizist, er habe im November 2006 (nach den Nationalratswahlen) ein Konzept zur Aufarbeitung des Falls erstellt, die Umsetzung hätte er für Jänner 2007 geplant gehabt. Dazu sei es aber nie gekommen. Die Einvernahme des Hundeführers, dessen Hinweis auf den Entführer Wolfgang Priklopil 1998 ignoriert wurde, sei ihm schon davor verboten worden. Der damalige Prokop-Mitarbeiter und jetzige Cobra-Chef Bernhard Treibenreif habe ihm mitgeteilt, die Ministerin wolle keinen weiteren Polizeiskandal vor der Nationalratswahl.
  • Waffen für den Iran
    Haidinger berichtete auch, dass der Staatsanwalt weitere Vorwürfe untersucht - wie die Waffenlieferung von 800 Scharfschützengewehren an den Iran. Nachdem Prokop diese Lieferung eigentlich per Weisung an Ita habe stoppen lassen wollen, ging diese dennoch über die Bühne, so Haidinger.
  • Alk-Unfall vertuscht
    Weiters blieb er dabei, dass Itas angebliche Alko-Fahrt vertuscht worden sein soll. Das hatte Itas Anwalt bereits mehrfach bestritten.
  • Infos an ÖVP Niederösterreich
    Außerdem soll General Franz Lang im Auftrag des Innenressorts kriminalstatistische Daten an die ÖVP Niederösterreich weitergegeben haben. Haidinger soll Lang daraufhin angewiesen haben, das künftig zu unterlassen.

Druck auf Prokop
Den Vorwurf des ÖVP-Abgeordneten Helmut Kukacka, er hätte das Kabinett der früheren ÖVP-Innenministerin Liese Prokop unter Druck gesetzt, um seinen Job als Vize-Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit wiederzubekommen, wies Haidinger zurück. Kukacka habe das betreffende Mail vom 7. März 2006 verkürzt wiedergegeben. Vielmehr wollte Haidinger den Posten haben, um Rechtswidrigkeiten und Manipulationen abzustellen.

Gespräch mit Flöttl
Den Vorwurf Kukackas, er hätte vor der SoKo BAWAG mit dem angeklagten Spekulanten Wolfgang Flöttl eine Stunde lang gesprochen, bestätigte Haidinger. Das sei kein Geheimnis gewesen, das habe jeder gewusst. Er habe mit Flöttl und dessen Rechtsbeistand eine Stunde lang über die Stimmung gesprochen. Über die Sache selbst sei nichts gesprochen worden.

Treffen mit Haider
Ebenfalls bestätigte Haidinger ein Treffen mit dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider auf dessen Anfrage. Haider habe mit ihm über die angeblichen BIA-Ermittlungen betreffend das Klagenfurter Stadion und die "Spitzelaffäre" gesprochen. Das Büro für Interne Angelegenheiten bezeichnete der Ex-BKA-Chef im Gegensatz zu ÖVP-Innenminister Günther Platter als nicht unabhängig.

Informationen für Pilz
Zu angeblichen Kontakte zum Grünen Abgeordneten Peter Pilz im Jahr 2004 sagte Haidinger, er habe diesem nie "vertrauliche Informationen" versprochen oder gegeben.

Platter ebenfalls offensiv
Nicht nur Kukacka, sondern auch Platter ging auf Haidinger los. Der Minister fragte sich, warum der Ex-BKA-Chef seine Anschuldigungen nicht schön früher erhoben habe. Zudem hätte ihn Haidinger betreffend den Fall Kampusch persönlich kontaktiert müssen, was aber nie stattgefunden habe, so Platter.

Molterer gegen Neuwahlen
ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer appellierte an die SPÖ, die Entscheidung über den Untersuchungsausschuss nicht vor Freitag zu treffen. "Niemand würde verstehen, dass bevor der Justizausschuss seine Arbeit aufgenommen hat, eine Entscheidung des SPÖ-Klubs fällt", so Molterer. Auch wenn Teile der SPÖ "die Konfrontation suchen", würden keine Neuwahlen drohen.

Kreutner verteidigt BIA
Im Anschluss an Haidinger wurde der Chef des Büros für interne Angelegenheiten, Martin Kreutner, befragt. Er verteidigte einmal mehr den Einsatz seiner Behörde bei der Suche nach Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky im Zuge des BAWAG-Prozesses im August 2006. Der Besuch der Beamten im Pflegeheim der Schwiegermutter sei klarer Auftrag der Staatsanwaltschaft gewesen.

Adamovich sieht keine Weisungen
Ludwig Adamovich, Leiter der Kampusch-Kommission, erklärte, dass es keine echten Weisungen vom Innenressort an die Kriminalisten gegeben habe. Ministerweisungen müssen nämlich klar als solche ausgewiesen werden. Allerdings räumte er ein, dass Haidinger die ministeriellen Wünsche durchaus als Weisungen verstanden haben könnte. Die dortige Atmosphäre war wohl autoritär.

Konkret ging es um den Emailverkehr zwischen damaligen Kabinett-Mitglied Treibenreif und Haidinger. Haidinger spricht in seinen Emails von Weisungen, Treibenreif dagegen nicht.

Kampusch-Panne nicht vertuscht
Adamovich glaubt persönlich nicht, dass die Ermittlungsfehler vertuscht werden sollten.Was wirklich geschehen ist, könne man aber erst beurteilen, wenn man "beide unmittelbar beteiligten Herren" - Haidinger und Treibenreif - direkt und eventuell auch miteinander konfrontiert.

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