Freche Aktion der Tatverdächtigen

Ibiza-Clique beschattete Kripo-Ermittler

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Die Beschuldigten im Ibiza-Krimi drehten den Spieß um – und observierten die Kripo. Das flog mit dem geheimen Soko-Bericht auf.

„Ja, das war so. Wir konnten das auch kaum glauben. Aber es wurden tatsächlich mehrere Mitglieder unserer Sonderkommission beschattet“, bestätigte einer der Ermittler der Soko Tape im Bundeskriminalamt jetzt im direkten Gespräch mit ÖSTERREICH.

Die Kriminalbeamten gehen davon aus, dass es Mitglieder oder Beitragstäter des Ibiza-Video-Netzwerks waren, die einzelne Fahnder der 13-köpfigen Ermittlertruppe observiert haben, um dadurch so viele Infos wie nur möglich über diese Kripo-Truppe und deren Pläne zu bekommen.

Wie eine "Söldner-Truppe" für Einsätze der Exekutive

Netzwerk. Auch im Innenministerium ist diese in Österreich bisher einzigartige Vorgangsweise eines kriminellen Netzwerks bereits bekannt: So seien auch die bei den illegalen Observations-Aktionen der Ibiza-Clique geschossenen Fotos dann später von der Kripo bei einer Hausdurchsuchung bei einem der Tatverdächtigen entdeckt worden.

"Alles vorbereitet"

Ibiza-Clique beschattete Kripo-Ermittler
© oe24
Offenbar wollte die Ibiza-Clique mehr Infos über die Kripo.

Viele verräterische Chats
auf Handy sichergestellt

Dieses Bespitzeln der Kripo dürften keine Amateure erledigt haben: Die Sicherheits-Firma des weiterhin untergetauchten Haupttatverdächtigen, Detektiv H., machte das jahrelang als zivile „Söldner-Truppe“ auch für Einheiten der Exekutive und der Finanzpolizei. Bei diesen Operationen wurden etwa Zigaretten-Schmuggel-Banden beschattet und dann zerschlagen. Dass sich daraus einige Bekanntschaften zwischen den Firmen-Mitarbeitern von Detektiv H. und den Ermittlern der Exekutive ergeben haben, ist durchaus möglich.

Bisher geheime Chat-Protokolle (ÖSTERREICH berichtete) legen ebenfalls die Vermutung nahe, dass die Haupttatverdächtigen der Video-Bande sehr, sehr gute Kontakte in das Innenministerium hatten. So schreibt Detektiv H. am 4. Juni 2019 um 21.56 auf der Verschlüsselungs-App Threema an seinen mutmaßlichen Komplizen K.: „Und überleg, wie BKA ruhigzustellen ist.“ Der antwortet aber nicht: „Wie sollte ich dafür sorgen?“ Sondern: „Mache ich.“

Und dieser K. berichtet am 5. Juni 2019 an Detektiv H.: „Ich hab Info, dass ich und Edi Hausdurchsuchungsbefehl.“ Tatsächlich folgte mehrere Wochen später eine Hausdurchsuchung beim arbeitslosen Bosnier K., bei der auch verbotene Waffen, Kokain und 113.000 Euro Bargeld und auf Sparbüchern von der Kripo und Cobra sichergestellt worden sind.

Drohung via Chat

Ibiza-Clique beschattete Kripo-Ermittler
© oe24
Aus dem Handy-Chat: Detektiv H. war offenbar sauer auf K.

Hat Video-Crew Kontakte im Innenministerium?

Ebenso ein Indiz dafür, dass die Ibiza-Clique vielleicht Helfer im Innenministerium haben könnte, ist dieser Teil im Threema-Chat vom 4. Juni 2019 um 21.39 Uhr: „Im Ernst, die machen Theater auf Geschichte von 2 Idioten? Was sagt deine Linzer?“ Komplize K.: „Habe alles vorbereitet, was wir gesprochen. Habe mit ihm nicht kontaktiert nur mit V. (Name der Redaktion bekannt).“ Meinten H. und K. damit ihre Kontaktpersonen in der Exekutive? Vielleicht sogar Führungsoffiziere aus früheren Spitzel-Jobs? Das Innenministerium müsste das jedenfalls rasch klären.

Und noch ein seltsamer Hinweis findet sich im Chat vom 10. Juni 2019. Detektiv H. ärgert sich: „Aber weiß nicht, was will OK (Anm.: Abteilung für Organisierte Kriminalität) von uns?“ Sein Bekannter K. antwortet: „Frage bei Amerikana.“ Darauf H.: „Schau mal, ob du hörst, was BKA will.“

Die Reaktion aus dem Innenministerium: Man gehe allen Verdachtsmomenten nach, Anzeige wurde erstattet, jetzt entscheide die Justiz über Ermittlungen.

Richard Schmitt

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