Gegen Widerstand

Kdolsky trotzt Kritik und verteidigt Reform

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Von den ÖVP-Nationalratsabgeordneten sind einige mit der geplanten Reform mehr als unzufrieden. Aus der SPÖ kommen positive Reaktionen.

Die in dem am Mittwoch zur Begutachtung verschickten Gesetzesentwurf zur Gesundheitsreform enthaltene Patientenquittung ist für Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V) offenbar noch nicht ganz fix. Solange es keine klare Definition gebe, was auf der Quittung enthalten sein soll, sei das "nicht umsetzbar", sagte Kdolsky am Mittwochabend in der "ZiB2". Für sie sei es "unabdingbar", dass dies Information für die Patienten auch einen Sinn habe. Nur um jemanden zu quälen, dafür stehe sie nicht zur Verfügung, sagte die Gesundheitsministerin, die am Wochenende noch gemeint hatte, dass die Patientenquittung nicht kommen werde.

Kdolsky sieht kein Problem
Dass die Aut-Idem-Regelung, nach der die Ärzte nur den Wirkstoff verschreiben und die Apotheker das Medikament aussuchen, nun 2010 eingeführt werden soll, ist für Kdolsky kein Problem. Dass sie am Wochenende für eine Einführung 2011 plädiert hatte, kommentierte sie damit, dass es sich nur um ein Jahr handle. Wesentlich sei ihr, dass keine Ängste geschürt werden. Die Ärzte könnten weiter direkt Medikamente verschreiben, etwa für chronisch Kranke.

Die Kritik an den Regierungsplänen auch aus ihrer eigenen ÖVP kommentierte Kdolsky gelassen. Darüber werde man natürlich noch sprechen müssen. Dass die Begutachtung nur zwei Wochen läuft ist für sie dabei kein Problem.

ÖVP-interne Kritik
Besonders ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger ist außer sich über die geplante Gesundheitsreform. Der Arzt sieht u.a. kräftige Leistungskürzungen auf die Patienten zukommen. Er droht damit, dem Gesetz im Nationalrat die Zustimmung zu verweigern. Kritik am Regierungsentwurf ist am Mittwoch auch aus Salzburg und Kärnten gekommen.

Gefährliches Herumdoktern
Wenn die Sozialversicherungs-Zentrale den Krankenkassen künftig die finanziellen Ziele vorgebe, werde es ohne Leistungskürzungen nicht gehen. Ständig sei von zehn Prozent Sparvolumen die Rede. "Die müssen sie ja irgendwie erreichen", so Rasinger. Hier werde auf gefährlichem Niveau herumgedoktert.

Holding als Machtmodell
Die neue Holding-Struktur mit einer starken Zentrale und Durchgriffsrechten auf die Gebietskrankenkassen bezeichnet Rasinger als "reines Machtmodell". Der neue Gesundheitsminister heiße Hundstorfer-Leitl. Die eigentlichen Probleme des Gesundheitswesens (etwa die langen Spitalsaufenthalte und die Lohnnebenkostenlastigkeit der Finanzierung) würden nicht angegangen.

Nein zu allem
Er lehnt sowohl die "Patientenquittung" ("zusätzliche Bürokratie") als auch die "Aut Idem"-Regelung ("Apothekenförderungsprogramm"). Und die möglichen Einzelverträge für Ärzte sowieso. Mediziner, die Einzelverträge abschließen, sollen mit einer Kassenstelle belohnt werden. "Der ÖGB sagt, wir belohnen die Streikbrecher. Interessant, wie sich der ÖGB verhält, wenn er als Arbeitgeber auftritt", ätzt Rasinger.

Mehr schwarze Ablehnung
Aber er ist nicht der einzige ÖVP-Mandatar, der sich gegen die Regierungsmannschaft stellt. Auch aus dem ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB kommen Warnungen. ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon kritisiert die Umwandlung des Hauptverbands in eine Holding, weil auf diesem Weg nur teure Jobs geschaffen würden. Auch die Querfinanzierung zwischen den maroden und den ausgeglichenen Kassen lehnt er ab, genauso wie die Aut Idem-Regel. Die Zustimmung der 30 ÖAAB-Abgeordneten im Nationalrat lässt Amon vorerst offen.

Haberzettl findet Reform okay
Durchwegs positive Reaktionen kommen aus der SPÖ. FSG-Chef Wilhelm Haberzettl versteht die Kritik der Ärzte an den Einzelverträgen nicht: "Wer Verträge einhält und nicht gegen die Regeln verstößt, braucht sich auch vor nichts zu fürchten." Und die Aut idem-Regelung werde schon in vielen EU-Ländern lange und erfolgreich praktiziert, in Deutschland habe sie der Kostenexplosion Einhalt geboten.

Oberhauser lobt Bund als Retter
SPÖ-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser hält es der Regierung zugute, dass sie mit den zusätzlichen Mitteln von 1,4 Milliarden Euro einen substanziellen Beitrag zur Absicherung des Gesundheitswesens leiste. Sozialsprecherin Renate Csörgits lobt, das Beiträge oder Selbstbehalte nicht erhöht wurden.

Kritik aus Salzburg und Kärnten
Salzburgs Gesundheitsreferentin Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S) betrachtet die Pläne mit gemischten Gefühlen. Wörtlich sprach sie von "positiven Ansätzen", sie sieht aber auch "erhebliche Mängel, wo man sicher noch weiterverhandeln muss", wie sie am Donnerstag in einer Aussendung feststellte. Für Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (B) stellt die angepeilte Gesundheitsreform einen "typischen Sozialpartnerpfusch" dar.

Grüne: "Wichtigstes fehlt"
Die Opposition ist durch die Bank unzufrieden. Der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald - wie Rasinger Arzt - meint, das Wichtigste sei verschoben, nämlich die Finanzierungstöpfe zusammenzuführen. Die Zersplitterung von Kompetenzen im Gesundheitssystem zwischen Bund und Ländern blieben einfach unangetastet, so Grünewald.

FPÖ: "Blinde Sparwut"
Die freiheitliche Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein sieht "das Ende des guten österreichischen Gesundheitssystems" heraufdräuen. Es werde "von blinder Sparwut getrieben" auf Kosten der Patienten eingespart, so Belakowitsch-Jenewein. Auch sie kritisiert, dass erst wieder nicht eine Finanzierung aus einer Hand umgesetzt wurde.

BZÖ: "Kein Sparen in Verwaltung"
BZÖ-Gesundheitssprecherin Ursula Haubner vermisst die Spitalsreform. Die Reform würde in erster Linie die niedergelassenen Ärzte benachteiligen, konstatiert sie: "Anstatt in der Verwaltung zu sparen, wird wieder nur bei den Steuerzahlern abkassiert und die Ärzte werden zu den alleinigen Hauptschuldigen der Finanzmisere erklärt", so Hauber.

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