Wahl-Portrait-Serie Teil 1: Ab heute startet im Wahl-Extra die Serie über das Leben von Sebastian Kurz.
Serie. Er wirkt erstaunlich gelassen dafür, dass er der jüngste Kanzler und Altkanzler in Personalunion ist. Sebastian Kurz, der zunächst Österreich, dann die EU polarisierte, hat wieder ein klares Ziel vor Augen. Was den einen Angstschweiß auf die Stirn treibt, andere aber verzückt, meint er verdammt ernst: „Unser Weg hat erst begonnen.“ Wie in den Jahren zuvor – bevor er 2017 zum jüngsten Regierungschef der westlichen Welt aufsteigen sollte –, will der VP-Chef auch jetzt wieder zeigen, dass er gewinnen kann. Bereits im Wahlkampf 2017 schilderten wir Ihnen ausgiebig Aufstieg, Plan und Ziele des damals frischgebackenen Ober-Türkisen.
Premiere. Seit 2017 hat sich freilich viel verändert. Die Zweite Republik hat seit dem Strache-Skandal, der via Ibiza-Video durch die gesamte Welt ging, die stürmischste Polit-Zeit ihrer Geschichte hinter sich. Kurz ist tatsächlich zum Mann der Premieren geworden: eben zum jüngsten Regierungschef, zum meistbeachteten österreichischen Politiker seit Bruno Kreisky. Seine Fans verehren ihn fast wie einen Heilsbringer. Seine Kritiker verachten ihn beinahe wie einen Gottseibeiuns.
Seine Koalition ist Tabubruch, doch er profitiert
In der ÖSTERREICH-Sonderedition wird nicht nur der Aufstieg von Kurz beschrieben, seine persönlichen Mitstreiter, seine Kindheit und Jugend geschildert. Es wird auch hinter die Kulissen seiner Koalition geschaut, die als Tabubruch startete und im größten (blauen) Skandal der vergangenen Jahrzehnte endete. Wie hatte Kurz die ganzen FPÖ-„Einzelfälle“ wirklich erlebt? Wie echt war die Harmonie zwischen ihm und Heinz-Christian Strache? Kam das Koalitionsende so überraschend, wie es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde? In einem ausführlichen Interview nimmt der Wiener dazu Stellung, gewährt – kontrolliert wie meist – gewisse Einblicke in seine emotionale und politische Welt. Und er deutet deutlich an, was er mittlerweile von der FPÖ hält, die er 17 Monate in der Regierung vordergründig geherzt hatte: „Die FPÖ, die derzeit vor allem auf Verschwörungstheorien und Gegenangriffe setzt, sollte stattdessen mit einem Reinigungsprozess beginnen.“
Eisbrecher der Rechten oder ihr Bezwinger?
In der ÖSTERREICH-Sonderedition wird aber auch der Frage nachgegangen, warum der einstige Integrationsstaatssekretär und Außenminister – der als Anti-Strache gestartet war – plötzlich als Eisbrecher der Rechten galt. Es wird aufgespürt, warum die internationalen Staatskanzleien so genau auf Österreich und seinen Koalitionspartner schauten und warum er wirklich am 18. Mai „genug ist genug“ sagte und die VP-FP-Koalition schlussendlich platzen ließ.
»Generation Facebook« erobert die Polit-Welt
Kurz, wie er hinter den Kulissen tickt, wer ihn berät, wen er mag und wem er misstraut, wird in dem Buch ebenso geschildert wie seine Zeit als jüngster Integrationsstaatssekretär, jüngster Außenminister und dann eben jüngster Kanzler. Er gehört der Generation Facebook an, er nützte die virtuelle Welt zum Aufstieg und spielt virtuos auf ihrer Klaviatur. Jetzt fürchtet er freilich auch die unendlichen Weiten des World Wide Web, die sein einstiger Koalitionspartner wohl noch gekonnter beherrscht.
In diesem Buch werden seine Regierungsreformen dargestellt und die unzähligen „Einzelfälle“ seines Koalitionspartners aufgelistet. Wie hatte er wirklich auf sie reagiert? Wann nahm er das Wort Neuwahlen erstmals intern in den Mund und wann drohte er offen zum ersten Mal Heinz-Christian Strache damit?
Als er das Video erstmals sah und »Oida« sagte
Neuwahlen. Und, was dachte der damalige Kanzler, als er das Ibiza-Video erstmals sah? „Oida“, sagte er im Kreise seiner Vertrauten im Kanzleramt und schaltete schnell auf Neuwahlen. Seine Umfragewerte – Ende Juni sollte seine ÖVP in Umfragen zwischen 36 und 38 Prozent liegen – scheinen ihm weiter recht zu geben. Die politisch schier wahnsinnigen Volten der Maitage scheinen vor allem seinen politischen Kontrahenten zu schaden. Der Polit-Tsunami, den Strache ausgelöst hat, scheint andere, nicht aber Kurz davonzuschwappen. Wegbegleiter berichten in diesem Buch darüber, wie Kurz in der Vergangenheit bereits Krisen und Herausforderungen bewältigte.
Anfeindungen. Als jungem Staatssekretär spuckten ihm etwa Passanten vor die Füße. Anfeindungen, die in den letzten Monaten wohl zugenommen haben. Der einstige JVP-Chef, der just in dem Jahr geboren wurde, als Kurt Waldheim gewählt und Jörg Haider zum FPÖ-Chef aufstieg, hat sich trotz seiner 32 Jahre bereits mehrmals neu erfunden. Vom liberalen Querverbinder zu Grün zum „Prinz Eisenherz“. Vom Mister Integration zum Mister „freundlicherer Strache“ und wieder zum Anti-Strache. Wofür steht dieser Sebastian Kurz aber wirklich? Was treibt ihn an? Urteilen Sie selbst.