Präsident Fischer

Nicht jede Israel-Kritik antisemitisch

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Bundespräsident spricht in Alpbach von "extremer Unverhältnismäßigkeit".

Bundespräsident Heinz Fischer hat in einer Rede das Vorgehen Israels im Gazastreifen kritisiert. Die Zahl der palästinensischen Opfer weise eine "beträchtliche, wenn nicht extreme Unverhältnismäßigkeit" auf. Auch könne nicht jede Kritik an Israel "auf die Ebene des Antisemitismus gehoben werden", sagte Fischer am Sonntag vor Festpublikum im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach.

Zu Beginn der dreitägigen Politischen Gespräche in dem Tiroler Bergdorf war neben Fischer auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zugegen. Ashton verwies vor allem auf die "enormen humanitären Herausforderungen" der Lage im Gazastreifen. Für den Nahost-Konflikt müsse ein nachhaltiger Frieden gefunden werden und eine Zwei-Staaten-Lösung geschaffen, um Israel und Palästinensern ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. Aktuell gebe es weltweit mehr Flüchtlinge als nach dem Zweiten Weltkrieg, erinnerte Ashton auch an die aktuellen Konflikte in Syrien, Libyen und im Irak.

Fischer sagte, durch die aktuelle Entwicklung sei der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern "noch schwieriger zu lösen". Er merkte an, dass sich Israel "zuletzt von einer Lösung des Konflikts eher entfernt als angenähert hat". Israel rechtfertige seine Gewalt mit dem Schutz seines Gebiets, die Palästinenser betrachteten ihre Raketenangriffe als Notwehr gegen den Aggressor. Der Bundespräsident verwies darauf, dass Gewalt Hass vergrößert, und stellte die Frage in den Raum, ob eine solche Gewaltpolitik Terrorismus eher anfacht als bekämpft. In Europa müsse jede Form von Antisemitismus abgelehnt werden.

Wichtiges Thema am Sonntag in Alpbach war indes auch der Ukraine-Konflikte. Ashton, die am Dienstag zu Gesprächen mit dem ukrainischen und dem russischen Präsidenten in Minsk erwartet wird, wollte sich dazu im Vorfeld nicht äußern, nannte es aber eine "Möglichkeit" zur Lösungsfindung. Es bedürfe guter Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland.

Hinsichtlich des West-Balkans drückte die EU-Außenbeauftragte ihre Erwartung aus, diese Ländern noch in den "nächsten Jahren, nicht Dekaden" eine europäische Perspektive zu eröffnen. Außerdem bedürften besonders der Kosovo und auch Serbien wirtschaftlicher Hilfe. Wirtschaft und Politik müssten sich einander zunehmend annähern, verwies Ashton auch auf Bildung, Kleinunternehmen und Rechtssicherheit. Ashton, die noch neun Wochen in ihrem Amt als EU-Außenbeauftragte ist, sprach von einer "sehr schwierigen Zeit und sehr herausfordernden Umständen". Hinsichtlich ihrer möglichen Nachfolge meinte sie, "es ist eine der größten Herausforderungen in dessen Leben".

Auch Bundespräsident Fischer betonte die Wichtigkeit eines "fairen und vernünftigen Verhältnisses" zwischen der EU und Russland sowie der Ukraine und Russland. Auch die Sicherheitsbedürfnisse Russlands sollten bedacht werden. Er selbst kann sich nach eigenen Worten "aus rationalen Gründen" einen russischen Einmarsch in der Ost-Ukraine nicht vorstellen. Ein möglicher russischer Einmarsch wäre ein "ganz gravierender Rückschlag", so Fischer. Er hoffe, dass Russland diesen verhängnisvollen Schritt nicht mache und die Ukraine und Russland zu einer "vernünftigen Betriebstemperatur" zurückkehren.

Erneut betonte Fischer, dass die russische Annexion der Krim "eindeutig ein Bruch des internationalen Rechts" war. Es sei "unzulässig", diesen mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu vergleichen, der jahrelange Verhandlungen und ein ausverhandelter Plan vorausgegangen seien.

Fischer appellierte an die österreichische Bevölkerung, humanitäre Hilfe zu unterstützen und an die österreichische Regierung, die Flüchtlingspolitik vor den aktuellen Hintergründen zu sehen und auch die Unterbringung von Flüchtlingen zügig voranzutreiben. Die Mittel der EZA (Entwicklungszusammenarbeit) und für den Katastrophenschutz sollten nach den Worten Fischers nicht gekürzt werden.

Forumspräsident Franz Fischler meinte in seiner Eröffnungsrede zum Ukraine-Konflikt, dieser sei der schwerste Konflikt in Europa seit den Kriegen auf dem Balkan und er sei am Eskalieren. Der ebenfalls zur Eröffnung angekündigte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ließ sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen.

Die Eröffnung wurde kurzzeitig von jungen Ukrainern unterbrochen, die die ukrainische Nationalhymne zum Unabhängigkeitstag sangen. Ukrainer hatten bereits am Mittwoch in Alpbach eine Art "Maidan" organisiert, und im aufgelassenen Alpbacher Hallenbad Bilder zur Erinnerung an die Revolutionstage im Frühjahr sowie ukrainische Symbole installiert. Außerdem findet sich in Alpbach eine Foto-Ausstellung mit dem Titel "Die Menschen vom Maidan". Ukrainische und russische Forumsteilnehmer bestiegen in einer symbolischen Aktion gemeinsam einen Berg in der Region. Diskussionen und Feiern sind ebenfalls von ukrainischer Seite geplant.

Die Mitglieder des Forum Alpbach Networks - bestehend aus Klubs und IGs der Bundesländer und mehrerer Staaten - unterzeichneten am Sonntag zu Mittag in Alpbach eine "Charta of Diversity" (betreffend Alter, Geschlecht, Ethnizität, Behinderungen, Religion etc.). Mit der Initiative wollen die Klubs und IGs die Diversität fördern und die Vielseitigkeit der Gesellschaft auch am Forum als Konzept etablieren.

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