Wird der Karfreitag für alle frei? Oder fallen bloß die Zuschläge? Die Regierung ist am Zug.
„Sie rufen an, um mir zu gratulieren, oder?“, jubelt Alois Obereder zu Beginn des ÖSTERREICH-Gesprächs. Der Wiener Anwalt hatte die Karfreitagsentscheidung bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) durchboxt und auf voller Linie gesiegt.
Wirtschaft gegen Feiertag, Gewerkschaft ist dafür
Der EuGH entschied am Dienstag: Die Regelung, wonach der Karfreitag nur für Protestanten frei ist und nur diese Zuschläge bekommen, so sie doch arbeiten, ist diskriminierend. Noch unklar ist, wie die Regierung nun auf dieses Urteil reagiert. Es werden alle Schritte „genau geprüft“, hieß es am Dienstag. Folgende Szenarien sind jetzt möglich:
- Feiertag für alle mit Zuschlägen. Tut die Regierung nichts, wird der Karfreitag zum Feiertag für alle mit Zuschlägen für alle, die arbeiten. Und zwar ab sofort, also schon am heurigen Karfreitag, dem 19. April. Das käme zwar bei den Arbeitnehmern gut an, gilt aber als unwahrscheinlich, denn der Aufschrei der Wirtschaft ist laut.
- Feiertag für Evangelische ohne Zuschläge. 600 Mio. Euro kostet ein zusätzlicher Feiertag, rechnet die Wirtschaft vor. Deshalb schlägt sie, wie auch der evangelische Bischof Bünker, vor: Lassen wir den Protestanten den Feiertag, streichen wir aber die Zuschläge für alle. Das würde dem Urteil nicht widersprechen; doch die Gewerkschaft legt sich quer.
- Feiertag wird getauscht. Der Karfreitag wird neu eingeführt, der Ostermontag oder Pfingstmontag aber gestrichen. Damit rückt ein „Superwochenende“ – vier freie Tage von Karfreitag bis Ostermontag – allerdings in weite Ferne.
- Feiertag für Evangelische fällt. Das käme für die evangelische Kirche „nicht infrage“, so Bünker. Beim heutigen Ministerrat soll der Karfreitag Thema sein. (D. Knob)
+ Gewerkschaftsboss Wolfgang Katzian: "Wird der Feiertag gestrichen, gibt es mit uns einen Wickel"
Der ÖGB-Chef fordert im ÖSTERREICH-Interview: „Der Karfreitag muss ein Feiertag für alle werden.“
„Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, und wir brauchen hier gar nicht über irgendwelche Gegengeschäfte reden. Der Karfreitag muss ein Feiertag werden, und damit gibt es auch Zuschläge für alle, die trotzdem arbeiten. Einen Feiertag ohne Zuschläge gibt es nicht. Wer den Feiertag streicht, der soll das all jenen erklären, die sich jetzt freigenommen haben, um die Dächer freizuräumen und Schnee zu schaufeln. Das haben sich die Arbeitnehmer nicht verdient.“
Schmäh
„Dass es in Österreich eh schon so viele Feiertage geben soll, ist doch ein Schmäh. Jedes Jahr fallen mindestens zwei oder drei Feiertage ohnehin auf einen Sonntag.
Mit uns gibt es dann einen Wickel, wenn man glaubt, man kann den Arbeitnehmern einen Feiertag wegnehmen.“
- Rolf Gleißner (Wirtschaftskammer): "Karfreitags-Zuschläge für alle wären inakzeptabel"
Der Experte für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, Rolf Gleißner, im ÖSTERREICH-Gespräch.
„Der Gesetzgeber muss jetzt handeln. Tut er das nicht, entsteht der Wirtschaft ein hoher Schaden. Jeder zusätzliche Feiertag kostet die österreichische Wirtschaft rund 600 Millionen Euro. Österreich ist mit 13 Feiertagen jetzt schon im europäischen Spitzenfeld. Deutschland hat wesentlich weniger, Italien hat weniger. Der EuGH will der österreichischen Wirtschaft keinen Schaden zufügen.“
Tausch
„Zuschläge für alle Arbeitnehmer am Karfreitag wären völlig inakzeptabel und unverhältnismäßig. Vorstellbar ist eine Lösung, wie sie schon der evangelische Bischof Bünker vorgeschlagen hat. Der Feiertag für die Evangelischen bleibt, die Zuschläge fallen. Ebenfalls eine denkbare Lösung wäre ein Tausch: Der Karfreitag wird ein Feiertag, der Ostermontag wird gestrichen.“