'Bei den ÖBB wird in einer unerträglichen Form umgefärbt', sagt Ederer zu ÖSTERREICH.
FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer tauschte sieben von acht Aufsichtsräten bei den ÖBB aus. Seither schäumt die Opposition, spricht von „parteipolitischer Umfärbung“. Minister Hofer argumentiert: „Es geht um Qualifikation, nicht um Parteipolitik“. Die ausgetauschte ÖBB-Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer sieht das im ÖSTERREICH-Interview naturgemäß anders.
ÖSTERREICH: FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer ließ überraschend den gesamten Aufsichtsrat der ÖBB austauschen, auch Sie wurden abgesetzt. Umfärbung in Blau?
Brigitte Ederer: „ Ich sehe das aus zwei Gründen problematisch. Erstens: Es ist unüblich, dass in einer außerordentlichen Hauptversammlung praktisch die gesamten Kapitalvertreter ausgewechselt werden. Das sei notwendig gewesen, sagte der Innenminister Kickl, weil da lauter Rote drinnen gesessen sind“. Ich meine aber, und das ist mein zweiter Punkt, da sind völlig unabhängige Experten drinnen gesessen: Paul Blumenthal, ehemaliger Personalvorstand der Schweizer Bahn. Der gehört mit Sicherheit keiner Partei an. Oder Herbert Kasser, der wirklich viel für die ÖBB getan hat und ein ausgezeichneter Experte und Beamter ist. Das ist einfach unüblich und irritierend. Experten werden durch Parteigänger ersetzt.
ÖSTERREICH: Hat es Sie persönlich getroffen, dass Sie gehen mussten?
Ederer: Die ÖBB sind ein spannendes Unternehmen, aber so ist es eben. Für mich ist das keine Überraschung. Obwohl ich bereits 2000 aus der Politik ausgeschieden bin und seither in der Wirtschaft gearbeitet habe, gelte ich für manche noch immer in erster Linie als Sozialdemokratin. Ich werde eben anders beurteilt. Letztlich geht es aber darum, dass ein derart radikaler Umbau nicht so überhastet durchgeführt werden soll. Offensichtlich wollen männerbündlerische Geheimstrukturen wie Burschenschaften die Macht übernehmen und in den ÖBB das Sagen haben.
ÖSTERREICH: Ist das ein später Rachefeldzug gegen Ex-ÖBB-Chef Christian Kern?
Ederer: Da habe ich keine Ahnung. Ich weiß nicht, was die Herren treibt, es sind ja nur Herren. Jeder Wirtschaftsprüfer wird ihnen sagen, dass es völlig unüblich ist, in einer außerordentlichen Hauptversammlung den gesamten Aufsichtsrat abzulösen. Normalerweise wäre da Feuer am Dach. Schließlich hat selbst der Bundesminister den ÖBB zuvor bescheinigt, dass das Unternehmen gut unterwegs ist.
ÖSTERREICH: Wie schlecht ist das jetzt für die Bahn?
Ederer: Ich denke, hier wurde nach dem Prinzip agiert: Wir müssen umfärben, weil vorher umgefärbt wurde. So ist es aber nicht gewesen, das ist einfach falsch. Christian Kern hat etwa Arnold Schiefer (jetziger Aufsichtsrats-Präsident, Red.) als Vorstand der Rail Cargo Austria gehabt. Es war eindeutig klar, dass Schiefer kein Sozialdemokrat ist.
ÖSTERREICH: Erinnert Sie das an die Pfründe-Verteilung der ersten Schwarz-Blauen Regierung?
Ederer: So eindeutig wie jetzt wurde nicht agiert. Da saßen im Aufsichtsrat etwa Wienerbeger-Chef Wolfgang Reithofer, oder der Fruchtsaft Erzeuger Rauch. Die standen zwar in der Nähe einer Partei, letztendlich waren es aber ausgewiesene Manager.
ÖSTERREICH: Was wollen Sie Kanzler Kurz ausrichten?
Ederer: Er spricht ständig von neuem Stil und Regierung neu. Ich würde ihn gerne fragen, ob das der neue Stil ist. Das ist doch Uralt-Politik aus dem vorigen Jahrhundert. Da waren die ÖBB schon viel weiter.