Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Österreich wegen einer Abschiebung eines jungen Bulgaren verklagt.
Österreich hat mit der Abschiebung und dem zehnjährigen Aufenthaltsverbots für einen Bulgaren gegen Artikel 8, dem Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens, der europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Montag das Urteil der Großen Kammer verkündet. Die österreichischen Behörden hatten das Aufenthaltsverbot gegen den Bulgaren verhängt, nachdem dieser wiederholt straffällig geworden war.
3.000 Euro Schmerzensgeld
Das zehnjährige Aufenthaltsverbot sei "nicht
notwendig in einer demokratischen Gesellschaft", hieß es in der
Gerichtsentscheidung. Österreich soll dem Bulgaren jetzt 3.000 Euro
Schmerzensgeld zahlen. Die einzige österreichische Richterin unter den 17
internationalen Richtern der Großen Kammer sprach sich gegen das Urteil aus.
Familienbindung in Österreich
Ausschlaggebend war für das
Gericht das junge Alter, in dem der Bulgare straffällig geworden war.
Außerdem wären die Straftaten, hauptsächlich Diebstahl und Einbrüche, bis
auf eine Ausnahme nicht gewalttätig gewesen. Der Bulgare habe seine soziale,
kulturelle, sprachliche und Familienbindung in Österreich. Die Abschiebung,
auch eine kürzere, sei "unverhältnismäßig" und
widerspreche dem Artikel 8. Die Wiedereingliederung des jungen Mannes würde
nicht erreicht, wenn die Familien- und sozialen Beziehungen durch eine
Ausweisung abgebrochen würden, so die Urteilsbegründung.
Die Vorgeschichte
Der mittlerweile 24-jährige Bulgare, der zur
Zeit in Bulgarien lebt, war 1990 im Alter von sechs Jahren nach Österreich
gekommen. Im März 1999 hatte er eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung in
Österreich erhalten. Im Alter von 14 und 15 Jahren war der junge Bulgare
wiederholt straffällig und zu mehrmonatigen Haftstrafen sowie zu einer
Therapie gegen seine Drogensucht verurteilt worden. Mit 16 war er mit dem
zehnjährigen Aufenthaltsverbot belegt und mit 19 Jahren nach Bulgarien
abgeschoben worden.