Seit 1987

ÖVP war 32 Jahre durchgehend an der Macht

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Erstmals seit 1987 sitzt die ÖVP nicht mehr in der Regierung.

Über die Kürze seiner Kanzlerschaft und die Premiere des Vertrauensentzugs hinaus war die ÖVP unter Sebastian Kurz - auch im positiven Sinn - rekordträchtig. Zuletzt holte sie das beste EU-Ergebnis aller Zeiten. Aber die Volkspartei war schon lang vor Kurz - nämlich seit 1987 - an der Macht. Damit war sie bis Montag in Österreich und in der EU die am längsten amtierende Regierungspartei.
 
Durchgehend 32 Jahre und vier Monate saßen ÖVP-Politiker in Ministerien, im Kanzleramt (acht Jahre und fünf Monate) bzw. die längere Zeit im Vizekanzleramt - und zwar genau 11.815 Tage von der Angelobung am 21. Jänner 1987 bis zur Abberufung durch den Bundespräsidenten, einen Tag nachdem der Nationalrat der gesamten Übergangsregierung der ÖVP das Vertrauen entzog.
 

Seit 1987 in der Regierung

1987 hatte es die ÖVP - nach der langen Pause während der SPÖ-Alleinregierung - Jörg Haider zu danken, dass sie wieder zu Regierungsehren kam. Denn als er 1986 die FPÖ übernahm, ließ Kanzler Franz Vranitzky Rot-Blau platzen. Er schmiedete mit Alois Mock als Vizekanzler die (am 21. Jänner 1987 erstmals angelobte) Große Koalition, die dann 13 Jahre lang regierte, zusammengeschweißt durch das Tabu der Koalition mit Haider und von diesem heftig attackiert.
 
Zur Jahrtausendwende beendete Wolfgang Schüssel die - mit stark schwindender Wählergunst konfrontierte - rot-schwarze Zweckehe. Die SPÖ musste die Regierungsposten räumen, die ÖVP blieb - ebenfalls dank Haider. Denn die FPÖ überließ der knapp hinter ihr als Dritte aus der Wahl hervorgegangenen ÖVP den Kanzlerposten - und somit kam es zu Schwarz-Blau. Die am 4. Februar 2000 angelobte Koalition lief jedoch höchst unrund, die FPÖ stürzte in den Wahlen ab und zerriss schließlich. Das nützte zunächst Schüssel, der die Wahl 2002 fulminant gewann - letztlich aber der SPÖ, die 2006 wieder Erste wurde.
 
Alfred Gusenbauer nahm die Große Koalition wieder auf - und somit ging diesmal die FPÖ und die ÖVP blieb. Zusammen mit der SPÖ blieb die ÖVP diesmal, bis Sebastian Kurz das Ruder übernahm - und das waren fast elf Jahre, vom Jänner 2007 bis Dezember 2017. Dann ging wieder die SPÖ und die ÖVP blieb, wieder mit der FPÖ. Am 18. Dezember 2017 wurde Kurz als Kanzler der auf türkis-blau umgefärbten Koalition angelobt. Diese schien diesmal gute Chancen auf langen Halt zu haben. Bis am 17. Mai das Ibiza-Video mit Strache auftauchte, das die Regierung crashen ließ. Letztlich entzog auch die FPÖ dem Kanzler und der ÖVP-Mannschaft das Vertrauen, mit der sie zuvor so demonstrativ harmonisch zusammengearbeitet hatte - und damit ist Kurz (vorerst einmal) mit 526 Tagen im Amt der kürzest dienende Kanzler.
 

Rekord noch bei der SPÖ

Allerdings ist die Fortsetzung von Türkis-Blau nach der Wahl im September nicht ausgeschlossen. Dann könnte die ÖVP der SPÖ noch einen Rekord abnehmen. Denn aktuell ist die SPÖ immer noch die Partei, die - mit Unterbrechungen - am längsten regiert hat in der Zweiten Republik. Sie steht aktuell bei etwas über 61 Jahren (22.300 Tage) - rechnet man die schwarz-rote Koalition 1945-1966, die Alleinregierung, kurze rot-blaue und lange rot-schwarze Koalition danach (1970-2000) und dann Rot-Schwarz von 2006 bis 2017 zusammen.
 
Da kann die ÖVP noch nicht ganz mithalten - mit ihren jetzt insgesamt 56 Jahren und neun Monaten (20.702 Tagen). Was fehlt, ginge sich in einer Legislaturperiode - wenn man denn einmal eine durchhält - aus: 1.598 Tage müsste die ÖVP noch mit der FPÖ oder anderen Parteien zusammenarbeiten, um die SPÖ in der Dauer der Regierungstätigkeit seit 1945 zu überholen.
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