Die oppositionellen Parlamentsparteien haben Außenminister Michael Spindeleggers (V) Aussagen in der ORF-Pressestunde am Sonntag kritisiert.
Österreich solle sich hinsichtlich der Krise im Nahen Osten auf seine "neutrale Tradition" besinnen, forderte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Österreich habe mit seinem jetzigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat die Verpflichtung, sich aktiv für den Frieden in Nahost einzusetzen.
Strache kritisierte, dass Spindelegger die "unkritische EU-Linie seiner Amtsvorgängerin Ursula Plassnik (...) fortsetzen will". Spindeleggers angekündigte "Zuhör-Tour" in Österreich stellt Strache ebenfalls infrage: "Will Spindelegger dabei den Sorgen der Menschen zuhören oder will er nicht doch eher, dass die Menschen der (...) EU-Jubelpropaganda der ÖVP zuhören?"
Die neutrale Tradition Österreichs sei unter der Federführung von ÖVP-Außenministern "immer mehr zurückgedrängt und ausgehöhlt worden", so der FPÖ-Chef.
Kritik an Bohunice-Reaktion
Spindelegger sei ferner Antworten
schuldig geblieben, was er als Außenminister konkret zu unternehmen gegen
die Wiederinbetriebnahme des Reaktor V1 in Bohunice zu tun gedenke.
Österreich müsse innerhalb der EU energischer gegen die Nutzung von
Nuklearenergie auftreten.
Spindelegger hatte sich in der Pressestunde jedoch kritisch gegenüber die Inbetriebnahme des Reaktors ausgesprochen: jede Vertragsverletzung der Slowakei gegenüber der EU sei zu "ahnden". Die Gefährlichkeit des Atomreaktors in Jaslovske Bohunice dürfe "nicht unterschätzt werden".
Kritik auch von BZÖ
Auch der geschäftsführende BZÖ
Bundeschef Herbert Scheibner forderte eine aktive Rolle Östrerreichs in der
internationalen Friedenspolitik. "Warum ist die österreichische
Außenpolitik nicht in der Lage eine aktive Rolle in der internationalen
Friedenspolitik zu spielen? Bis jetzt lautet das österreichische Motto nur
'abwarten und zuschauen'", so Scheibner. "Jetzt ist es notwendig,
dass Österreich zu einem der Motoren für eine friedliche Einigung wird",
meinte Scheibner, der auch das "unverständliche Zögern"
der Bundesregierung rund um Bohunice kritisierte.
Kritik an Gas-Politik von Grünen
Die Aussagen Spindeleggers "belegen die offensichtliche Ratlosigkeit der Bundesregierung angesichts der Gaskrise", meinte die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek.
Spindelegger finde keine Antworten auf derzeitige oder künftige Abhängigkeiten Österreichs von den Gaslieferungen aus Staaten wie Russland oder Iran, so Lunacek. Die Grünen forderten die sofortige Einberufung eines Energiegipfels. Spindelegger schiebe die Verantwortung für die Wiederinbetriebnahme Bohunices auf die EU ab, obwohl Österreich "selbst handeln könnte und müsste". Er sei konkrete Ideen und Initiativen schuldig geblieben, die Europa und Österreich in Zukunft weniger abhängig von Gaslieferungen machen, kritisierte Lunacek. "Insgesamt ist es Spindelegger nicht gelungen, eine eigene außenpolitische Agenda zu präsentieren."