Eine kaum beachtete Änderung im Pensionssystem verursacht gehörige Kosten.
740 Millionen Euro beträgt der finanzielle Aufwand dafür, dass knapp 54.000 Frauen ein halbes Jahr früher in den Ruhestand treten können. Das hat eine Analyse des Budgetdiensts des Nationalrats auf Ersuchen der NEOS ergeben. Deren Sozialsprecher Gerald Loacker wirft den anderen Parteien vor, auf Kosten der Jungen mit Millionen "um sich zu schmeißen".
Die Vorgeschichte ist eine lange. Es geht um die Anhebung des Frauenpensionsalters, die dieses zwischen Anfang 2024 und 2033 in Halbjahresschritten von 60 auf 65 bewegt. Ursprünglich wäre es so gewesen, dass bereits Frauen, die ab dem 2. Dezember 1963 geboren sind, ein höheres gesetzliches Pensionsantrittsalter gehabt hätten, weil diese mit 1. Dezember noch nicht 60 Jahre alt sind. Sie hätten somit frühestens Mitte 2024 in Pension gehen können. Für zwischen 2. Juni und 30. Juni 1964 geborene Frauen wiederum wäre der Weg zum Ruhensbezug erst mit Juli 2025 offen gewesen.
Gesetzliche Klarstellung
Jetzt wurden in der Koalition aber verfassungsrechtliche Bedenken laut. Daher entschied man sich zu einer gesetzlichen Klarstellung, die im Februar vom Nationalrat beschlossen wurde - gegen die Stimmen der NEOS, aber mit jenen der anderen Oppositionsparteien. Diese sieht nunmehr vor, dass jeweils erst ab dem 1. Jänner bzw. ab dem 1. Juli geborene Frauen der umfassten Jahrgänge von der jeweiligen Erhöhung betroffen sind.
Frauen, die im Dezember 1963 geboren wurden, haben somit ein gesetzliches Pensionsantrittsalter von 60 Jahren statt von 60,5 Jahren, und Frauen, die im Juni 1964 geboren wurden, von 60,5 Jahren statt von 61 Jahren. Dieser Effekt zeigt sich dann auch bei weiteren Jahrgängen. Etwa 53.800 Frauen sind laut Studie des Budgetdienstes damit besser gestellt worden.
Damit profitieren zwar recht wenige Frauen, doch verursacht auch das ordentliche Kosten, nämlich in Höhe von 740 Millionen. Diese Aufwendungen fallen im Wesentlichen bis 2033 an, danach ist der Mehraufwand eher vernachlässigenswert. Freilich, angesichts der enormen Kosten, die die Pensionen insgesamt verursachen, sind auch die 740 Millionen vergleichsweise wenig. Die geschätzten Kosten der Maßnahme betragen durchschnittlich nur etwa 0,3 Prozent der erwarteten Auszahlungen der für Pensionen reservierten Budget-Untergruppe.
Die Gründe für die höheren Aufwendungen: Durch ein Vorziehen des Pensionsantritts verlängert sich die Bezugsdauer und es entfallen die staatlichen Einnahmen aus einer dadurch früher beendeten Erwerbstätigkeit. Darüber hinaus führt ein niedrigeres Regelpensionsalter zu geringeren Abschlägen bei einem vorzeitigen Pensionsantritt bzw. zu höheren Zuschlägen bei einem Antritt nach dem Regelpensionsalter.
Die höheren Pensionszahlungen sind auch der mit Abstand größte fiskalische Faktor. Dabei handelt es sich um 635 Millionen. Dem gegenüber steht nur eine Ersparnis von 29 Millionen durch geringere Zahlungen an Arbeitslose, weil sich diese früher in Pension begeben können. Die gesamtstaatlichen Mindereinnahmen belaufen sich auf 134 Millionen. Sie resultieren aus dem geringeren Abgabenaufkommen aus Erwerbseinkommen aufgrund der vorgezogenen Pensionsantritte, das durch Mehreinnahmen infolge der höheren Pensionen nicht ausgeglichen wird.
Das Pensionsantrittsalter der profitierenden Frauengruppe sinkt den Modellrechnungen zufolge um durchschnittlich 3,7 Monate. Loacker meint, die Maßnahme erfolge völlig ohne Not, habe diese Verschiebung doch niemand gefordert. Die Pensionsversicherung habe seit 1992, als die Angleichung des Frauenpensionsalters beschlossen wurde, immer so beraten, dass es auf den Stichtag ankomme, nicht auf den Geburtstag. Mit dem Geld könnte man vielen Menschen, die sich das Leben kaum mehr leisten können, helfen, meint Loacker.