Premier Tusk in Wien

Polen hält an seinen AKW-Plänen fest

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Kanzler Faymann bekräftigte den Wunsch nach einem europaweitem Atom-Ausstieg.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat am Freitag bei seinem Wien-Besuch zum Thema Atomkraft und möglichen Folgen der Katastrophe in Japan betont, dass Polen und seine Bevölkerung diesbezüglich sehr sensibilisiert seien. Plänen für ein erstes polnisches AKW erteilte er dennoch keine Absage. Indirekt habe das Reaktorunglück in Tschernobyl zahlreiche Folgen für die polnische Bevölkerung gehabt, etwa in Form von Krankheiten. "Glauben Sie mir, wir als Polen sind da ganz besonders sensibel", so Tusk nach einem Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor Journalisten.

Polen verspricht Bau eines super-sicheren AKW
Zum geplanten Bau des ersten Atomkraftwerks in Polen hielt der liberalkonservative Regierungschef fest, dass man sich an die Vorgaben der EU halten und die sicherste Technologie anstreben würde. Man könne nicht sagen, dass der polnische Fall für andere Länder ein Problemfall wäre: "Wir haben ja noch überhaupt kein AKW." Man müsste eigentlich eher andere Länder wie Frankreich, Deutschland oder Großbritannien überzeugen, aus der Atomenergie auszusteigen bzw. Kraftwerke stillzulegen.

Polen braucht dringend eine Alternative zu Strom aus Kohle
In Polen werde die Energie zu 90 Prozent aus Kohle erzeugt. Gemäß Auflagen der EU müsse das Land seine Kohlekraftwerke allmählich stilllegen. "Und dann sagt man uns, AKW dürft ihr auch keine bauen. Die Frage ist, woher kommt dann der Strom?" Dieses Dilemma ergäbe sich freilich nicht nur in Polen, für das beispielsweise Windanlagen keine realistische Alternative zur Kohle seien. Generell hielt Tusk fest, dass das Thema Kernkraft ein ernsthaftes und seriöses sei, das man auch entsprechend seriös besprechen müsse. Das heiße "Fakten, keine Parolen".

Faymann bekräftigte Österreichs strikte Anti-Atom-Linie
Bundeskanzler Faymann betonte bei der Pressekonferenz, Österreich werde auch in Zukunft bei Zusammentreffen im europäischen Kontext seine Position zur Atomenergie klar vertreten. "Wir haben uns entschlossen, selbst keine Atomkraftwerke zu haben, aber wissen, dass wir natürlich in Europa davon betroffen sind." Angesichts der Betroffenheit nach den Vorkommnissen in Japan und der Diskussion über Grenzwerte für verstrahlte Lebensmittel "kann ja niemand sagen, dass Atomtechnologie irgendwelche staatlichen Grenzen einhalten würde. Daher halten wir es für unser Recht als Österreicher, hier auf europäischer Ebene den Ausstieg aus der Atomtechnologie voranzutreiben."

Ausführliche Debatte über Alternativen zur Kernkraft
Er habe mit Tusk auch ausführlich über Alternativen zur Kernenergie und über erneuerbare Energien gesprochen sowie darüber, wie ein Ausstiegsszenario aussehen könnte. Auch wisse er, dass Polen während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2011 "zum Thema Energiesicherheit und Diversifikation im Rahmen der Energiesicherheit einen Schwerpunkt setzen" werde, sagte Faymann.

Schiefergas-Fund als Chance für Energiewende in Polen
Zum Thema Energie betonte der polnische Premier bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Faymann weiters die Wichtigkeit der Versorgungssicherheit. Für Polen eröffneten sich jetzt "große Chancen", da Vorkommen an Schiefergas festgestellt worden seien, die von Experten als sehr groß bewertet würden. Es handle sich dabei um mehr als fünf Billionen Kubikmeter Schiefergas. "Vielleicht ist es so, dass die Zukunft der Energiewirtschaft bei uns nicht mehr von Kohle abhängig sein wird, aber auch vielleicht nicht von der Kernkraft."

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