Die radikalen Sparpläne des Post-Vorstands, der rund ein Drittel der Belegschaft abbauen will, sind am Montag auf breiten Widerstand getroffen.
Verkehrsminister Werner Faymann, Landeshauptleute aller Couleur und Belegschaftsvertreter verlangten ein Abrücken von den am Wochenende bekannt gewordenen Plänen. Das zugrundeliegende Konzept soll am kommenden Mittwoch vom Aufsichtsrat des seit 2006 börsenotierten Unternehmens beschlossen werden.
Post-Management wirbt um Verständnis
Das Post-Management
selbst, das aus angeblich börserechtlichen Gründen nicht ins Detail gehen
wollte, bestätigte die am Wochenende gesickerten Berichte indirekt, warb um
Verständnis und führte Sachzwänge ins Treffen: 2011 stehe die
Vollliberalisierung des Postmarkts ins Haus, "es ist die Aufgabe eines
verantwortungsvollen Managements, das Unternehmen rechtzeitig auf derart
dramatische Marktveränderungen vorzubereiten."
Das Sparkonzept, das die Kontrollore am Mittwoch absegnen sollen, ist im Wesentlichen von der US-Unternehmensberatung McKinsey ausgearbeitet worden sein. Es sieht die Streichung von bis zu 9.000 der derzeit 26.000 Jobs vor, zwei Drittel der Stellenstreichungen sollen bei den Briefträgern erfolgen. Von den Mitarbeitern der Post sind etwa die Hälfte unkündbare Beamte. Die Zahl der eigenständigen Filialen soll radikal verkleinert werden, Kooperationspartner BAWAG PSK soll laut ORF-Informationen 225 Filialen übernehmen, weitere 200 Stellen sollen verpachtet werden. Die Zahl der sogenannten Post-Partner (z. B. Lebensmittelhändler) soll bis 2015 auf 940 mehr als vervierfacht werden. Insgesamt könnten 1.000 Filialen verloren gehen.
Faymann: "Post darf nicht zur AUA werden"
Schon
gestern hatte Werner Faymann (S), Verkehrsminister und mit der
Regierungsbildung beauftragter SPÖ-Chef, das Konzept kritisiert und
angekündigt, er werde nicht "zulassen, dass jemand 200 oder noch
mehr Postfilialen zusperrt". Faymann hinterfragte die Vorgangsweise des
Managements und erklärte: "Die Post darf nicht zur AUA werden."
Man könne die 2002 beschlossene Universaldienstverordnung so verändern, dass
Filialen künftig nur mit Zustimmung der betroffenen Gemeinde geschlossen
werden dürfen.
Post-Gewerkschaft fuchsteufelswild
Der oberste
Post-Gewerkschafter Gerhard Fritz (FSG) sagte: "Ich finde das einen
Wahnsinn, wenn ein Management oder ein Eigentümer von seiner Firma
behauptet, das ist ein Sanierungsfall". Fritz macht - ebenso wie viele
andere Gewerkschafter ÖIAG-Chef Peter Michaelis für den geplanten Kahlschlag
hauptverantwortlich. Die Christ-Gewerkschafter in der Post (FCG) wiederum
kündigten die Einleitung eines Volksbegehrens an.
OMV-Betriebsrat Leopold Abraham, der für eine Arbeitsgemeinschaft der Betriebsräte in den ÖIAG-Betrieben spricht (und in der Staatsholding im Aufsichsrat sitzt), forderte explizit die Ablöse von Michaelis, zumindest aber die Beistellung eines zweiten ÖIAG-Vorstandes. Michaelis verunsichere zehntausende Mitarbeiter von ÖIAG-Betrieben. Die ÖIAG-Betriebsräte seien dabei, sich "geeignete Schritte" zu überlegen, drohte er, ohne näher ins Detail zu gehen.
"Den Banken stellt man 100 Milliarden bereit, aber die Leute haben nicht nur Angst um ihr Geld, sie haben Angst um ihre Jobs", empörte sich Abraham. Finanzminister Molterer verstecke sich hinter der ÖIAG. Am Montag thematisierte übrigens auch der Aufsichtsrat der Telekom Austria über den Abbau von rund 2.500 Stellen in den nächsten drei Jahren.
Landeshauptleute fordern Post-Gipfel
Nach den Gemeinden am
Wochenende hat auch die Landespolitik mobil gemacht. Die Landeshauptleute
kritisierten unisono die Pläne und forderten die Abhaltung eines Gipfels mit
Bund, Ländern und Gemeinden. Der Termin des Spitzengesprächs steht noch
nicht fest, es könnte aber am Mittwochnachmittag nach der
Aufsichtsratssitzung stattfinden. In Kärnten hat sich ein Aktionskomitee aus
Bürgermeistern und Gemeinderäten formiert, das über ein landesweites
Netzwerk gegen Postämterschließungen kämpfen will.
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl verwies auf die "Post-Partnerschaften, die sich hervorragend bewährt haben." Die Wirtschaft sei bereit, über weitere Postpartnerschaften zu reden, um eine "intelligente Problemlösung" zu ermöglichen. Derzeit gibt es bundesweit 211 Post-Partnerschaften, in denen z.B. der Lebensmittelhandel in den ländlichen Gebieten die Funktionen des Postamts übernimmt.
Molterer: "Management nicht in Rücken fallen"
Finanzminister
Wilhelm Molterer erklärte dagegen, er halte überhaupt nichts davon, dem
Management in den Rücken zu fallen." ,"Die Zeit, wo Politiker
in Unternehmen hinein regiert haben" sei "vorbei und kommt nicht
wieder". Die Perspektive für die Post in einem voll liberalisierten
Markt sei nicht einfach, warb er um Verständnis. Der Staat hält über die
ÖIAG noch 51 Prozent an dem Unternehmen.
Der europäische Postmarkt wird wie bekannt ab 2011 voll liberalisiert. Ab diesem Zeitpunkt dürfen private Konkurrenten auch Briefe mit weniger als 50 Gramm transportieren. Die Post macht mit diesem Geschäftsfeld den Löwenanteil ihres Gewinns. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Brief-Division ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 273 Mio. Euro - gegenüber jeweils rund 13 Mio. Euro in den beiden anderen Sparten Paket und Filialen.
Nachdem die Aktie des Unternehmens mit einem Minus von fünf Prozent in den Handel gestartet war, machte sie im Verlauf Boden gut und notierte gegen 15.00 Uhr mit einem Plus von 0,2 Prozent mit 21,30 Euro leicht im Plus.