Das Finanzministerium verrät nicht, wieviel die Minister gespart haben, und plant gleichzeitig Steuererhöhungen.
Die Regierung soll im kommenden Jahr 1,7 Mrd. Euro einsparen - gleichzeitig haben die Ministerien im Vorjahr Rücklagen gebildet, die zumindest einen Teil des kurzfristigen Sparbedarfs decken könnten. Wie hoch diese Rücklagen sind, darüber schweigt sich das Finanzministerium aber aus. Medienberichten zufogle haben die Ministerien im Vorjahr um 911,2 Mio. Euro weniger ausgegeben als veranschlagt. Daraus die Höhe der Rücklagen abzuleiten ist laut Finanzministerium aber nicht möglich.
Minister dürfen Geld behalten
Laut neuem Haushaltsrecht
müssen die Ministerien Einsparungen nicht mehr an den Finanzminister
zurückgeben, sondern können sie als Rücklagen behalten. Das soll die
Verwaltung zu einer sparsamen Haushaltsführung motivieren. Bei den 911,2
eingesparten Millionen sind die milliardenschweren Minderausgaben beim
Bankenhilfspaket noch gar nicht berücksichtigt, für das ursprünglich
deutlich höhere Summen eingeplant waren.
Erspartes hilft nur kurzfristig
Demnach hat z.B. das
Familienministerium im Vorjahr 69,8 Mio. Euro weniger ausgegeben als
veranschlagt. Die 2011 einzusparende Summe würde sich damit von rund 235
Mio. Euro auf 165,1 Mio. Euro reduzieren. Das Kanzleramt könnte mit seinen
Minderausgaben des Vorjahres (41,8 Mio. Euro) sein Einsparungsziel von 12,2
Mio. Euro zur Gänze abdecken. Der Spardruck wird damit aber nur kurzfristig
gelindert: Selbst wenn die Einsparungen 2011 nämlich teilweise aus Rücklagen
finanziert werden können, müssen ab 2012 echte Sparmaßnahmen folgen.
"Alles viel komplizierter"
Allerdings will man diese
Zahlen im Finanzministerium nicht bestätigen. Das "Rücklagenregime" sei
deutlich komplexer, als in dieser Rechnung angenommen. Beispielsweise gebe
es Bereiche, in denen mögliche Minderausgaben schon im Budgetgesetz
vorgesehen sind (in denen also die Möglichkeit einer "Budgetunterschreitung"
festgeschrieben wird). Derartige schon im Budget vorgesehene
Unterschreitungen könne das jeweilige Ministerium nicht als Rücklage
anrechnen, heißt es im Büro von Finanzminister Josef Pröll.
Rücklagenauflösung wäre nicht hilfreich
Zur
Aufklärung beitragen und die Höhe der Rücklagen nennen will das
Finanzministerium nicht. Jedes Ressort, das im Vorjahr Geld eingespart habe,
kenne die Höhe seiner Rücklagen - diese Summen zu nennen würde bedeuten,
Begehrlichkeiten für den Zugriff auf das Geld zu wecken, wird argumentiert.
Ein mögliches kosmetisches Problem für den Finanzminister wird aber
bestätigt: Wenn ein Ministerium seine im Vorjahr angesammelten Rücklagen
auflöst, dann wird das Budgetdefizit um diesen Wert erhöht. Grund: Eine
Reserve wirkt im Jahr ihrer Bildung defizitsenkend, im Jahr ihrer Auflösung
aber defiziterhöhend. Die gleichzeitige Auflösung einer Rücklage von 900
Mio. Euro würde das Budgetdefizit daher um 0,3 Prozent des BIP erhöhen.